Rauchfrei gewickelt

Wer mit kleinen Kindern ausgeht, stößt häufig auf Schwierigkeiten. Am Rand des Schanzenviertels setzt jetzt das erste Café auf die Zielgruppe Eltern: mit Spielzeug, Windeln und Rauchverbot

von Gaston Kirsche

Mit dem Kinderwagen rein in den Schuppen – und gleich wieder rückwärts raus. Wer mit einem kleinen Kind unterwegs ist, kennt das: Ein Ort zum Essengehen oder für einen Cafébesuch wird angepeilt, aber kurz entschlossen auch wieder verlassen – weil verqualmt. Magnus Kersting vom Café El Rojito, selbst Vater von zwei Töchtern: „Ich hoffe auf gesetzliche Regelungen, dann erledigt sich das.“ Kersting betont, selbst kein Freund vom starken Staat zu sein, aber: „Sonst haben wir das Problem, dass einige Leute nicht einsehen wollen, dass sie im Café nicht rauchen dürfen.“

Das Café El Rojito in der Großen Brunnenstraße liegt günstig, um die Suche nach Kinderklamotten mit einem Stopp zu beenden: „Viele kommen mit Kindern“, erzählt Kersting, „bei gutem Wetter ist das alles kein Problem.“ Im Hinterhof ist der Cafégarten geöffnet: ruhig, grün und luftig, gut geeignet zum Verschnaufen. An der nahe gelegenen Ottenser Hauptstraße gibt es weitere Cafés mit Hinterhof, auch dort können kleine Kinder herumlaufen, ohne unters Auto zu geraten.

Kinderfreundlich ist auch der Hinterhofbereich im Café Schanzenstern. Der Hof ist groß und gut gegen die umgebenden Straßen abgeschottet. Anders als auf der stressigen Café-Meile am Achidi-John-Platz gegenüber der Roten Flora ist es hier möglich, Kinder herumtollen zu lassen, ohne permanent aufzupassen. Beim typisch Hamburger Schmuddelwetter bleibt die Babylounge in der Lindenallee: Seit Juli 2004 gibt es das „Gloria für Anfänger“, wie Falco Wambold die Dependance nennt: „Rauchfrei ist selbstverständlich in der Babylounge.“ Zielgruppe sind Eltern mit kleinen Kindern.

„Die Grundidee ist sehr gut“, findet denn auch die Besucherin Silke Böhmer. „Gut ist auch die Wickelkommode, die ganze Ausstattung, das entspannt.“ Während sonst der Wickelraum – sofern vorhanden – zumeist von der Damentoilette abgeht, hantieren hier auch Väter mit Windeln. Auch Spielzeug muss hier nicht eigens mitgebracht werden, und im Babylounge-Garten steht eine große Sandkiste.

Einen Extra-Raum zum Spielen und eine gut ausgestatteteWickelkommode gibt es auch andernorts – so etwa im Café am Planschbecken im Stadtpark, unweit des großen Spielplatzes, das kinderfreundlich umgestaltet neu eröffnet wurde. Aber: Hier wird geraucht. „Ich habe vor anderthalb Jahren ein Kind bekommen, da habe ich mir die Babylounge ausgedacht“, erzählt Gloria-Geschaftsführer Wambold: „Die Babylounge ist erstmal ein Platz für Kinder, rauchfrei, mit Spielzeug und Garten.“ Demnächst soll es für frisch gebackene Eltern dort auch Kochkurse am frühen Abend geben. Währenddessen und beim anschließenden Buffet können die Kinder im hinteren Bereich spielen.

Ähnliche Angebote gibt es auch in den Stadtteil-Elternschulen, die von den Bezirksämtern betrieben werden. Dort gibt es Kurse und Spielgruppen zu festen Zeiten, aber ein offenes Café für kleine Kinder und Begleitung – „die Babylounge ist in dieser Form einmalig, so was gibt es sonst nicht“, stellt Falco Wambold mit einigem Stolz fest: „Die Café-Kultur auf Kinder zu übertragen, das ist neu.“ Würde aber auch nur in Gegenden funktionieren, wo es viele Kinder gibt – und „etwas wohlhabende Eltern“, die auch Geld ausgeben können. Um in die Babylounge zu kommen, muss 1 Euro Eintritt gezahlt werden. „Das finde ich relativ viel, so hip, exklusiv Schanzenviertel-mäßig“, meint Silke Böhmer, „aber sonst ist es nett. Gerade im Winter, wenn ich am Wochenende allein zu Hause war, weil mein Mann gearbeitet hat, da fällt einem ja schon mal die Decke auf den Kopf. Da war es schön, einfach mal so andere Eltern mit ihren Kindern zu treffen, sich auszutauschen.“

Eine Art Babylounge oder überhaupt ein rauchfreies Café, möglichst mit Spielräumen und Garten, als soziales Angebot, ohne Eintritt zu verlangen, das wäre ein Angebot, für das es nicht nur im Schanzenviertel Bedarf gibt. Bis es soweit ist, bleibt es für Eltern am einfachsten, mit den Kindern antizyklisch Essen und Trinken zu gehen: Nicht in die angesagten Lokale und Cafés, in denen sich alle drängen; und zu weniger beliebten Zeiten: früh am Tag oder früh am Abend. Dann ist es, auch ohne eigenen Raum, oftmals weitgehend rauchfrei.

Babylounge: Lindenallee 35, Mo–Fr 14.30–19 Uhr, Sa + So 10–19 Uhr; www.gloriabar.de/babylounge