Hochschule: Vielfalt ist kreativ

Die vom Akademischen Senat der Hochschule Bremen eingesetzte Arbeitsgruppe lehnt eine zentralisierte Leitung der Hochschule durch ein starkes Rektorat („Projekt 2“) strikt ab. Jetzt hat sie ihr Gegenmodell vorgelegt

Das Gegen-Papier des Akademischen Senats klingt nach Ohrfeige für den Rektor

Bremen taz ■ Seit über acht Wochen herrschte Funkstille zwischen dem Rektor und den Dekanen der Hochschule Bremen, nachdem der Reformvorschlag des Rektors, der die gesamte Hochschule umkrempeln und nach dem Modell moderner Unternehmensführung neu strukturieren sollte („Projekt 2“), von einer großen Mehrheit der Mitglieder der Hochschule abgelehnt worden war. Der Akademische Senat der Hochschule setzte sich an die Spitze des Widerstandes und gründete eine eigene Arbeitsgruppe zur Reform – die hat am Mittwoch erstmals ihren Entwurf mit dem Rektor diskutiert.

„Die pauschale und unkritische Übernahme von Leitungsmodellen der Wirtschaft ist für eine Hochschule ungeeignet“, heißt es in dem Gegenentwurf, und damit ist der Kerngedanke des Hochschulrektors Schreiber abgelehnt, der damit eine zentrale Steuerung der Hochschule ermöglichen wollte. „Eine dezentral organisierte Hochschule Bremen sichert eine von Experten getragenen Entscheidungskultur“, hat die Arbeitsgruppe des Akademischen Senats festgehalten, an den Stärken der Hochschule müsse man anknüpfen. Der Rektor hatte im Februar beinahe stolz darauf hingewiesen, dass sein Konzept wie ein Überraschungscoup über Monate vorbereitet wurde, bevor es der nichts ahnenden Hochschulöffentlichkeit präsentiert wurde. Wie eine Ohrfeige klingt vor diesem Hintergrund die Feststellung des Gegen-Papiers aus dem Akademischen Senat: „Entscheidungen müssen für alle Mitglieder der Hochschule nachvollziehbar, kontrollierbar und innerhalb von demokratischen Abstimmungsverfahren auch korrigierbar sein. Die wesentlichen Entscheidungen müssen transparent sein und offen gelegt werden.“

Die – strikt abgelehnte – „Grundtendenz von Projekt 2“ des Rektors sei „darauf gerichtet, die Autonomie der wissenschaftlichen Einheiten zu beeinträchtigen, die Freiheit der wissenschaftlichen Arbeit mindestens zu gefährden und die Effektivität von Forschung und Lehre eher zu behindern als zu fördern.“ Am Konzept des Rektors war schon die „neudeutsche“ Sprache der Unternehmensberater kritisiert worden, das Gegenkonzept betont dagegen klassische Werte: „Meinungsvielfalt stellt die besondere Qualität der Hochschulen dar“, heißt es da, wichtigster Grundsatz sei „die demokratische Verfassung der Hochschule“ und das meint auch die Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer. „Eine weitere Zentralisierung der Hochschule“ würde die kreativen „Potentiale beseitigen.“ In die Kritik gerät dagegen etwas, das im Bereich der Verantwortung des Rektors liegt: „Das zentrale Ressourcenmanagement an der Hochschule Bremen ist wenig transparent. Für Außenstehende ist eine Ordnung nicht erkennbar. Das System ist kaum geeignet, den Mitgliedern der Hochschule einen Anreiz zu Leistungssteigerungen zu bieten.“

Die Arbeitsgruppe begrüßt das Konzept „Projekt 2“ des Rektorats nur noch als Denkanstoß. Klar ist dabei: Ohne die Zustimmung des Akademischen Senats gibt es keine Neuordnung der Hochschule.

„Wir wollen kein schwaches Rektorat“, versichert Gerhard Syben, Dekan des Fachbereiches 1 (Allgemeinwissenschaftliche Grundlagenfächer), „wir wollen ein Rektorat, das die Hochschule im Konsens führt.“ Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, aber trotz aller harten Wortwechsel kann sich Syben durchaus einen Kompromiss vorstellen – wenn der Rektor sich die Ergebnisse der Diskussion in der Hochschule zu eigen macht und nicht stur seinen alten Plan verfolgt. Denn beide Konzepte, so Syben, beziehen sich bisher nur auf die Organisationsstrukturen, ohne dass diese Strukturvorschläge in einer Strategie für die Hochschule eingebettet wären. „Wir müssen attraktiv sein für Studienbewerber und für Personalchefs“, darin sind sich beide Seiten einig. Aber was finden die attraktiv? Und wo definiert die Hochschule Bremen in der regionalen Wissenschaftslandschaft ihren Platz? Welche Fachrichtungen überlässt sie anderen, wo will sie Profil entwickeln? Diese Fragen waren auch in dem Konzept „Projekt 2“ nicht ausgeführt. Die vollmundige programmatische Erklärung des Rektors, er wolle aus der Hochschule Bremen „eine der führenden und besten internationalen Universitäten neuen Typs“ machen, machte die Blöße der fehlenden realistischen Strategie deutlich. Rektor Elmar Schreiber möchte derzeit den internen Streit „nicht anheizen“ durch eine Meinungsäußerung zu dem Gegenentwurf, erklärte er gegenüber der taz: „Wir wollen aufeinander zugehen“. Am 4. Juli wird der Akademische Senat hochschulöffentlich mit dem Rektor beraten. kawe