„Man hätte politisch entscheiden müssen“

Ein Gespräch mit Schulleiter Friedrich-Wilhelm Hohls über den Kompromiss-Vorschlag von SPD und CDU zum Kopftuch-Streit: Die Einzelfallentscheidung und der vage Begriff „Schulfriede“ überlasse den Schulen zu viel Entscheidungslast

taz: Nach dem Kompromissvorschlag von SPD und CDU soll der Schulfriede ein Kriterium dafür sein, ob und welche religiösen Symbole die Lehrkräfte tragen dürfen. Damit bekommt die Schulleitung ein großes Maß an Verantwortung im so genannten Kopftuchstreit. Zu viel?

Friedrich-Wilhelm Hohls, Leiter des Schulzentrums Am Rübekamp: Es ist meine Überzeugung, dass man diese Frage hätte politisch entscheiden müssen. Diese innere Kraft hat die Koalition offensichtlich nicht aufgebracht. Sie hat das Problem individualisiert – und den Schulleitern vor die Tür gelegt.

Positiv betrachtet könnte man darin auch eine Stärkung des Handlungsspielraums der einzelnen Schule sehen.

Eine Stärkung der Schule ist dann gegeben, wenn sie in pädagogisch-didaktischen Fragen autonom handeln kann. Es handelt sich nicht um eine Stärkung, sondern um die Verlagerung einer gesellschaftlichen Problematik auf die Schulen.

Wenn es in Ihrer Schule wegen einer kopftuchtragenden Lehrerin zu einer Diskussion um den Schulfrieden käme – wie würde man entscheiden?

Ich nehme an, dass zunächst die Schulleitung befragt würde, ob sie die Aufnahme dieser Kollegin akzeptierte. Und dann ist es in meinen Augen erforderlich, dass dies innerschulisch und dann über die Schulkonferenzen geklärt würde. Auch die Eltern müssten beteiligt werden.

Hat je ein Kopftuch an Ihrer Schule für Konflikte gesorgt?

Nein. Weil es sicherlich auch ein Unterschied ist, ob es auf Schülerebene oder im Bereich der Lehrerinnen zum Tragen kommt. Wir haben mit den türkisch-stämmigen Lehrern – einem Kollegen und einer Kollegin – bei uns am Schulzentrum gute Erfahrungen. Sie tragen allerdings keinerlei religiöse Symbole.

Könnten Sie sich eine Lehrerin mit Kopftuch an Ihrer Schule vorstellen?

Nein. Ich gestehe jedem praktizierenden Christen oder Muslim in seinem Privatleben jede Freiheit zu. Aber beim Hineintragen in die Schule vermute ich – ich mag da falsch liegen – über die individuelle Überzeugung hinaus eine gesellschaftspolitische, die auch auf andere ausstrahlen soll. Interview: grä