WASG? Welche WASG?

Im Bund formiert sich ein Linksbündnis. Doch in Berlin will die WASG ohne PDS zur Abgeordnetenhauswahl antreten. Grüne und SPD geben sich demonstrativ gelassen

Fürchten die Etablierten das Linksbündnis aus PDS und WASG? Ach was, schallt es unisono aus den Landesparteien von Grünen und SPD. Andererseits ist schon bemerkenswert, wenn sich der SPD-Landeschef, sonst nicht für deftige Sprüche bekannt, zur Kandidatur von Oskar Lafontaine wie folgt äußert: „Ich habe nicht das geringste Verständnis dafür und mich ekelt das an“, so Michael Müller gestern. „Es gibt keine anderen Worte dafür.“

Die, die mit Blick auf die Abgeordnetenhauswahl 2006 am ehesten eine Wählerabwanderung fürchten müssten, geben sich demonstrativ gelassen. So regt sich Müller zwar darüber auf, dass der Saarbrücker die Verpflichtung gegenüber der SPD, die ihm die „Chancen für seine Karriere“ bot, ignoriert. Doch Furcht vor dem Linksbündnis? Das dann doch nicht. „Bei einer Bundestagswahl spielt nicht nur die Ablehnung von Hartz IV eine Rolle“, sagt Müller. „Gysi und Lafontaine steigern den Unterhaltungswert des Wahlkampfes, doch sie stehen für keinerlei Programm, für keine Inhalte.“

Der SPD-Landeschef bescheinigt dem Bündnis bundesweit zwar das Potenzial, die Fünfprozenthürde zu nehmen. „Aber falls sie es ins Parlament schaffen, werden sie katastrophale Arbeit abliefern.“ Kurz: Müller streitet vehement ab, dass ein Erfolg der Linkspartei im Bund auf die Abgeordnetenhauswahl 2006 ausstrahlen könnte.

Auch die Grünen machen sich um die Treue der eigenen Wählerschaft keine Sorgen, Hartz IV hin, Hartz IV her. „Unsere Wähler sind nicht einem traditionalistischen linken Denken verhaftet“, sagt Fraktionschefin Sibyll Klotz. Statt immer wieder den Kündigungsschutz durchzukauen, sei es wichtig, sich anderen Themen zu widmen. Für Klotz zählen dazu z. B. die Bürgerversicherung und die eigenständige Existenzsicherung für Frauen. „Das Linksbündnis ist eine reine Protestgeschichte. Hinter Gysi und Lafontaine steht kein Konzept.“ Was die Abgeordnetenhauswahl angeht, seien die WASG-Protagonisten „nicht ernst zu nehmen“, so das Urteil der Grünen.

PDS-Landeschef Stefan Liebich begrüßte zwar die Zusage Lafontaines gestern als „Riesenchance“. Doch in Berlin verbindet beide Parteien eine herzliche Abneigung (die taz berichtete). Aller Voraussicht nach wird es hier nicht zu einer Zusammenarbeit kommen.

Die WASG-Mitglieder werden auf ihrem Gründungsparteitag am 18. und 19. Juni über einen entsprechenden Antrag abstimmen. Darin heißt es wörtlich: „Der Landesverband wird – sofern die PDS Berlin ihren neoliberalen Kurs fortsetzt – zur Landtagswahl 2006 in Berlin allein und als eigenständige Partei antreten.“ WASG-Vorstandsmitglied Helge Meves sagte der taz gestern: „Ich gehe davon aus, dass der Antrag angenommen wird.“ ULRICH SCHULTE

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