Kommende Männer

24 Jahre liegt der letzte WM-Triumph einer deutschen U20-Elf zurück. Zu lange, findet DFB-Coach Michael Skibbe

ENSCHEDE taz ■ „Wir sind absolut konkurrenzfähig“, glaubt Michael Skibbe. Der Trainer der deutschen U20-Nationalmannschaft verteidigt in einer stillen Ecke des schmucklosen Hotels im holländischen Enschede seine Talente. Seit Freitag läuft in den Niederlanden die bis zum 2. Juli dauernde WM für U20-Teams. Es ist 24 Jahre her, dass eine DFB-Auswahl zum letzten und einzigen Mal das Schaulaufen der Hochbegabten gewinnen konnte, in Australien mit Michael Zorc und Roland Wohlfarth. 1987 in Chile gewannen Spieler wie Andreas Möller und Marcel Witeczek die Silbermedaille, doch bei den letzten vier Endrunden war meist nach der Vorrunde Schluss. Spanien, Argentinien und Titelverteidiger Brasilien sind für Skibbe die Favoriten. Ägypten, am Samstag in Enschede, die USA (14. 6., Enschede) und Argentinien (18. 6., Emmen) heißen die Gegner im 24 Teams starken Teilnehmerfeld.

Obwohl Leistungsträger wie Mario Gomez (VfB Stuttgart) und Lukas Sinkiewicz vom 1. FC Köln verletzungsbedingt fehlen, verströmt Skibbe Zuversicht. Trotz des im internationalen Vergleich mit 58 Prozent nach wie vor hohen Ausländeranteils in Deutschlands Profiligen erspielen sich immer mehr junge Spieler Einsätze bei den Aktiven. Vom aktuellen Jahrgang 1985 hat Lukas Podolski bereits den Sprung in die A-Elf geschafft. Er ist für Skibbe der Beweis, dass auch Deutschland über außergewöhnliche Talente verfügt.

Seit dem Sommer 2000 lautet die Berufsbezeichnung von Skibbe „Nachwuchskoordinator“ beim DFB. Nach der vermaledeiten EM in Holland und Belgien wurde der Ruf nach Reformen im Nachwuchsbereich laut. Skibbe, der als Jugendausbilder sich bei Borussia Dortmund einen Namen gemacht hatte, bringt seitdem federführend frischen Wind in die lange vernachlässigte Talentförderung.

Nach dem Vorbild der bereits ins dritte Jahr gehenden A-Junioren-Bundesliga soll in spätestens zwei Jahren auch eine B-Jugend-Eliteklasse aus der Taufe gehoben werden. Künftig soll zudem die Zusammenarbeit der für Profivereine verpflichtenden Leistungszentren mit den Schulen intensiviert werden. Seit einem Jahr kann sich Skibbe ganz auf diese Arbeit konzentrieren. Nach dem Rücktritt von Teamchef Rudi Völler war auch Skibbes Co-Trainer-Dasein bei der A-Nationalmannschaft beendet.

Der Schritt vom großen Fußball zurück an die Basis habe ihm keine Umstellungsprobleme bereitet, versichert der 39-Jährige. Jürgen Klinsmann habe seitdem bei der A-Mannschaft mit Positives angestoßen, lobt Skibbe. Doch einiges ging nicht nur ihm, sondern auch vielen beim DFB zu weit. Als Klinsmann und der von ihm für den Posten eines „Technischen Direktors“ beim DFB vorgeschlagene Berti Vogts ein neues Nachwuchskonzept forderten, wehrte sich Skibbe öffentlich: „Da waren manche nicht tief genug im Thema.“

Grundsätzlich könne Skibbe sich mit der beim DFB noch nicht ad acta gelegten Idee eines Sportdirektors nach französischem Vorbild arrangieren, doch sein Aufgabenbereich dürfe nicht tangiert werden. Mit Jürgen Klinsmann und Oliver Bierhoff hat Skibbe sich vergangene Woche ausgesprochen. „In Zukunft wird nicht mehr über die Medien, sondern untereinander kommuniziert“, versichert er.

Skibbe gibt zu, sich zum ersten Mal inhaltlich mit dem neuen Bundestrainer und dem Nationalmannschaftsmanager ausgetauscht zu haben. „Es war ein gutes Gespräch, die Irritationen sind ausgeräumt“, betont er. Erfolgsdirektiven von oben für die U20-WM gibt es nicht, versichert Skibbe. Noch ein Jahr läuft Skibbes Vertrag beim DFB. Dann könnte er sich wieder ein Engagement bei einem Bundesliga-Team vorstellen.

TOBIAS SCHÄCHTER