KOMMENTAR VON KLAUS WOLSCHNER
: Sozialismus und Moral

Die bremischen Behörden wollen den Beschäftigungsträger „Interkulturelle Werkstatt Tenever“ (IWT) überprüfen. Eigentlich die normalste Sache der Welt – flossen in den letzten zwei Jahren die Gelder ohne Kontrolle?

Offenbar. Im März schrieb ein Mitarbeiter der Sozialbehörde, er könne die „Verantwortung für eine reguläre Nachweiskontrolle nicht übernehmen“. Der Verdacht: Durch gefälschte Abrechnungen der IWT sollten höhere WIN-Mittel erschlichen werden. Folgen: keine.

Im Mai bekam die zuständige Mitarbeiterin der „Bremer Arbeit“ eine IWT-Abrechnung, die nicht korrekt war. Mit „Hallo Hafid“ gab sie dem Geschäftsführer der IWT Tipps, wie er die Kosten so deklarieren soll – damit es – „wie auch immer“ – korrekt aussieht. Der Schriftwechsel dokumentiert, dass die Mitarbeiterin der Bremer Arbeit ihren Job als Hilfe zum Geldausgeben versteht. „Schon wieder ein Monitor, der am Ende des Projektes gekauft wurde“, fällt ihr auf – und sie folgert: „Hier brauchen wir eine Erklärung.“ Die kam postwendend, dann floss das Geld.

Hinter dem System der systematisch fehlenden Kontrolle steckt Überzeugung: Man kennt sich, man ist per „Du“ und irgendwie links, Genosse mit oder ohne Parteibuch. Es geht um die gute Sache – Geld für die Ärmsten der Armen lockerzumachen. Wenn die Ackermänner dieser Gesellschaft Millionen in die eigene Tasche stecken, soll man wegen dreihundert Euro hier und tausend da doch nicht so pingelig sein? Das ist die Moral.

Aber die großen Gaunereien können keine Rechtfertigung sein für kleinen. Wenn wir alle ein wenig in die Kasse greifen, wird daraus keine bessere Gesellschaft. Wer kleinen Selbsthilfe-Vereinen großes Geld anvertraut, überfordert sie, wenn er demonstrativ auf lückenlose Kontrolle verzichtet.