Herr Professor bekommt Konkurrenz

Nie zuvor gab es mehr Anwärterinnen auf eine Professur. Aber noch besetzen Frauen nicht mal jeden fünften Lehrstuhl

BERLIN taz ■ Immer mehr Frauen habilitieren. 23 Prozent haben im vergangenen Jahr erfolgreich ihre Habilitation abgeschlossen – ein neuer Rekord. Damit hat sich der Frauenanteil seit 1993 fast verdoppelt; damals lag er bei 12 Prozent. Der Anstieg bedeutet aber nicht automatisch, dass Frauen auch mehr Lehrstühle besetzen.

Mit einer Habilitation weisen Wissenschaftler ihre Lehrbefähigung nach und können sich dann um eine Professur an einer Hochschule bewerben. Die Zahl der Professorinnen ist mit 13 Prozent aber nach wie vor extrem niedrig, in der höchsten Besoldungsstufe liegt der Frauenanteil sogar nur bei 8,6 Prozent.

Für Marianne Kriszio, Frauenbeauftragte an der Berliner Humboldt-Universität, sind die Zahlen kein Widerspruch, da Lehrstühle nicht ständig neu besetzt werden. „Man muss sich anschauen, wie hoch der Anteil der neu berufenen Frauen ist“, sagt Kriszio. Im Jahr 2003 betrug er 18 Prozent. Das sei zwar immer noch zu niedrig, zeige aber, dass Maßnahmen wie etwa spezielle Förderungsprogramme endlich wirkten.

Erfreulich sei die Entwicklung, heißt es daher auch aus dem Bildungsministerium und dem Deutschen Hochschulverband. „Aber eigentlich sollte der Frauenanteil bei 50 Prozent liegen“, sagt Kristijan Domiter, Sprecher des Hochschulverbandes. Auch werde es Zeit, dass sich der Anstieg stärker in der Besetzung der Lehrstühle widerspiegele. Auffallend ist: Bei der Zahl der Studienanfänger und Absolventen halten sich Männer und Frauen noch die Waage, und knapp 40 Prozent der Doktoranden sind Frauen.

Dass aber bis heute nur 23 Prozent der Habilitierten weiblich sind, führt Domiter auf Probleme bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zurück – eine These, die nicht alle unterstützen. „Das ist zwar ein Hemmnis, aber nicht die zentrale Erklärung“, glaubt Marianne Kriszio. „Bei Berufungen gibt es immer noch subtile Diskriminierungsmechanismen.“ MOT