Ein Rebell, im Betriebsrat unerwünscht

Eugen Kahl (54), eben noch unabhängiger Betriebsrat bei der Opel AG in Rüsselsheim, ist wieder einfacher Arbeitnehmer. Das Landesarbeitsgericht Frankfurt verfügte am Donnerstag in 2. Instanz seinen Ausschluss aus der 45-köpfigen Arbeitnehmervertretung.

Seit 22 Jahren arbeitet der Russlanddeutsche als Versuchstechniker bei Opel, 17 Jahre lang war er in der IG Metall, ehe er seinen Mitgliedsausweis zurückgab. Eigentlich wollte er gar nicht Betriebsrat werden, aber dann habe er sich regelrecht „berufen“ gefühlt, weil in der Firma „seit Jahren alles schief gelaufen“ sei, so Kahl vor Gericht. Als er auf einer Liste Unabhängiger Betriebsangehöriger überraschend gewählt wurde, stürzte er sich mit Elan in die Arbeit. Doch von Anfang an sei er von IG-Metall-Funktionären gedrängt worden, sein Mandat wieder niederzulegen.

Kahl wirft dem Betriebsrat vor, ihn ständig blockiert zu haben. Ein eigenes Büro musste er sich ebenso erkämpfen wie Einsicht in Sitzungsprotokolle. In die Ausschüsse wurde er nicht gewählt. Jeder seiner Verbesserungsvorschläge wurde 44:1 abgelehnt. Der Streit fand seinen Höhepunkt im Herbst 2004 während der Verhandlungen zwischen Firmenmutter General Motors, Opel-Management und Betriebsrat um den Abbau von 10.000 Stellen an deutschen Standorten. Kahl warf dem Opel-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Klaus Franz „Verrat“ vor. Er habe die Rüsselsheimer Belegschaft vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Abfindungen gegen freiwillige Auslösungsverträge und Übernahme in Beschäftigungsgesellschaften nannte Kahl „eine Mogelpackung“, denn auch die könnten keine Jobs schaffen. Er warf den IG-Metallern „Geldgier“ vor, weil sie den dafür ausgewählten Firmen nahe ständen.

Das nahm Franz persönlich ebenso übel wie Kahls Mobbing-Vorwürfe. Er sei bereit gewesen, „einen Querulanten zu ertragen“, so Franz. Aber Rufschädigung könne er nicht hinnehmen. Mobbing habe es niemals gegeben, zumal er selbst Betriebsvereinbarungen dagegen ausgehandelt habe.

Um Kahl aus dem Betriebsrat hinauszukomplimentieren, trat Franz vor Gericht gemeinsam mit Vertretern der Personalabteilung der Opel AG und des Arbeitgeberverbandes auf. Beistand erhielten sie von der renommierten Arbeitsrechtskanzlei Weber. Der Richter lehnte die Beschwerde der Opel AG ab. Rangeleien zwischen Betriebsräten gehörten zum Alltag. Der des Betriebsrates aber gab er wegen der persönlichen Angriffe statt.

Kahl erklärte vor Gericht jedoch unbeirrt, „sein Ziel“ sei es, „diesen maroden Betriebsrat“ zu stürzen. Der „Rebell von Rüsselsheim“ will im März 2006 wieder kandidieren.

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