Christennachwuchs in die Schule

Auch unter einer bürgerlichen Landesregierung wird es kein Pardon für die fundamental-christlichen Schulverweigerer in NRW geben. Schwarz-gelbe Koalition pocht auf die Einhaltung der Schulpflicht

VON ELMAR KOK

Nordrhein-Westfalens Schulverweigerer können nicht darauf hoffen, dass die neue schwarz-gelbe Landesregierung ihnen gegenüber mildtätiger sein wird als Rot-Grün es war. Ralf Witzel, bildungspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, will gegen die „Schulverweigerer mit der ganzen Härte des Gesetzes vorzugehen“. Weiter sagte Witzel zur taz, das Befolgen der Schulpflicht „ist die Voraussetzung für Integration“. Ende vergangener Woche war erneut gegen ein Elternpaar aus Paderborn Erzwingungshaft angeordnet worden. Die Familie verbietet ihrem Kind aus religiösen Gründen den Besuch einer Grundschule. Das verhängte Bußgeld von 500 Euro hat das Ehepaar nicht bezahlt. Im April mussten in Gütersloh eine Mutter und ein Vater jeweils für sechs Tage in Haft.

Der Landrat des Kreises Paderborn, Manfred Müller (CDU), wünscht sich zwar Unterstützung durch die zukünftige Landesregierung. „Die Gesetzeslage ist aber sehr schwierig“, sagt er. Ende Mai hatte das Verwaltungsgericht Arnsberg den Schulämtern die Zuständigkeit für die Verhängung von Zwangsgeldern gegen die Schulverweigerer abgesprochen. Damit ging der Anordnung von Noch-Schulministern Ute Schäfer (SPD) an die Schulämter, Zwangsgelder zu verhängen, die Luft aus. „Wir haben das Ministerium seinerzeit darauf hingewiesen“, sagt Müller. Nun gebe es Gespräche mit den Schulleitern. Nach Angaben der Arnsberger Verwaltungsrechtler sind die Rektoren und Rektorinnen für die Anordnung von Zwangsgeldern zuständig. „Das macht es jetzt natürlich schwieriger, denn eigentlich sind die Schulleiter dazu da, eine Schule zu leiten“, sagt der Landrat. Müller setzt darauf, dass die Schulleitungen der betroffenen Schulen ein Interesse daran haben, die Schulpflicht durchzusetzen. „Es geht darum, die gesetzlichen Möglichkeiten auszuloten, damit uns diese Leute nicht an der Nase herumführen“, sagt er.

Norbert Neß, Sprecher der christdemokratischen Landtagsfraktion, sagt zu den Rechtsstreitigkeiten: „Ein Abwarten in der Frage wird es mit der neuen Landesregierung nicht geben“. Gleichwohl sei der Streit um die Schulverweigerer kein Thema der aktuellen Koalitionsverhandlungen.

Das Thema wird die neue Landesregierung sicherlich noch eine Weile beschäftigen. Der Sprecher des Amtsgerichtes Paderborn, Rudolf Kamp, sagt, „die Elternteile haben nach Zustellung des Urteils eine Woche Zeit zur sofortigen Beschwerde“. Es ist davon auszugehen, dass die Eltern von ihrem Recht Gebrauch machen.

„Diese Gruppe wird ihre starre Haltung nicht mehr aufgeben“, sagt Landrat Müller. Aber es gehe auch darum, zu dokumentieren, dass die Rechtsmittel ausgeschöpft würden, damit nicht noch mehr Eltern ihre Kinder zu Hause behielten. Die fundamental-christlichen Aktivisten gegen die allgemeine Schulpflicht kritisieren unterdessen in scharfer Form das Vorgehen der Behörden. Der Siegener Heimschulaktivist Helmut Stücher schreibt zur Auseinandersetzung, „man wird an die Nazizeit erinnert“. Die Sozialisten wollten die Gesellschaft entchristlichen, heißt es weiter. Wahrscheinlich wollen das in Stüchers Augen aber auch andere Christen: Sobald die neue Regierung am 22. Juni im Amt sei, werde das Thema auf der Tagesordnung stehen, kündigt CDU-Fraktionssprecher Neß an.