Mord im Playmobil-Land

Der österreichische Kriminalpsychologe Thomas Müller analysiert auf Kampnagel die großen Mörder in der Theatergeschichte und verbindet sie mit Erfahrungen aus seinem Berufsleben

von Carolin Ströbele

Müsste man ein Täterprofil von Thomas Müller erstellen, könnte man eines mit Gewissheit sagen: Wir haben es hier mit einem Narzissten zu tun. Müller würde diesen Vorwurf wohl mit einem Lächeln quittieren und mit charmantem Tiroler Dialekt entgegnen: „Narzissten simma alle. Jeder will sich selbst darstellen.“ Für ihn wird es erst dann interessant, wenn ein grundsätzlich normales menschliches Verhalten ins Pathologische kippt.

Der ehemalige Streifenpolizist ist heute der Vorzeige-Profiler im deutschsprachigen Raum. Bekannt wurde der 40-Jährige für sein Täterprofil im Briefbomben-Fall, mit dem er zur Ergreifung des Täters Franz Fuchs beitrug. Und vor allem auch dadurch, dass er seine Thesen stets medienwirksam präsentierte: Mit Vorträgen, seinem Buch „Bestie Mensch“ und dem Stück „Theatertäter“, das jetzt auf Kampnagel gezeigt wurde. Die Idee, die Motive bekannter Theater- Bösewichte kriminalpsychologisch zu durchleuchten, stammt vom Chefdramaturgen des Wiener „Rabenhofs“, Jochen Herdiekerhoff. In der Umsetzung mit dem Kriminalpsychologen Müller schaffte es das Stück 2003 sogar bis zum Berliner Theatertreffen.

Müller spielt in seiner Ein-Mann- Show die Geschichte von Schillers „Räubern“ und Shakespeares „Richard III.“ mit Hilfe von Playmobil-Figuren nach. Diese Art der Darstellung kennen wir zwar schon von Harald Schmidt, aber auch Müller hat durchaus genug Entertainer-Qualitäten, um den Abend mit den Plastikmännchen nicht langweilig werden zu lassen. Mit maliziösem Lächeln und stets leicht hochgezogenen Schultern erklärt er, dass die Ringe, die Karl Moor seinen Opfern vom Finger schlägt, typische Trophäen eines Serienkillers sind – „Proof to skill“, wie das im Fachjargon heißt. Karls durchtriebener Bruder Franz hingegen ist der klassische Fall des „malignen Narzissten“: Einer, der sich nur selbst erhöhen kann, in dem er andere erniedrigt.

Das alles trägt Müller äußerst amüsant vor und man hat das Gefühl, er würde die Charaktere manchmal lieber selber nachstellen, als sie nur in der Playmobil-Burg hin- und herzuschieben. Mühsam sind hingegen die ständigen Querverweise auf reale Fälle, die stets mit den Worten beginnen: „In meiner langjährigen beruflichen Karriere.“ Mühsam vor allem deshalb, weil die Vergleiche oft hinken: Was hat der Mord von Karl Moor an Amalia mit dem Fall eines Serienmörders in den USA zu tun, der Frauenköpfe im Garten seiner Mutter verscharrte? Nichts, aber Müller stellt das einfach mal so hin.

Zur Anschauung zeigt er dann noch ein paar Fotos der gruseligsten Killer seiner Karriere und liefert dazu den Hinweis: „Man sieht es den Menschen nicht an, dass sie böse sind.“ Ach, wirklich? Dennoch: Müllers „Theatertäter“ sind gute Unterhaltung mit der richtigen Mischung aus Grusel und Komik. Der Mann weiß eben, wie man Menschen manipulieren kann – das funktioniert auch beim Publikum.