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Wenn beim Baden gepöbelt wird

Der Dobrasee im brandburgischen Schwerin liegt ziemlich versteckt und einsam. Andrés und Encarna, meine spanischen Freunde, unterhalten sich beim Schwimmen dort angeregt auf Spanisch: über die Vorteile von See- oder Meerwasser. Über Algen und Mücken. Einer der wenigen Badegäste, ein Prachtkerl – so um die 40, nackt, mit Bauch, Glatze und Stiernacken – pöbelt lauthals vom Ufer: „Haut doch ab zum Mittelmeer! Hier gelten deutsche Werte. Und das heißt Ruhe in der Natur. Die Mauer müsste wieder her, um so was wie euch abzuhalten.“ Er schmeißt sich mit voller wuchtiger Männlichkeit ins Wasser, pöbelt ununterbrochen weiter: „Lernt doch erst mal Deutsch. Euch braucht und will man hier nicht.“

Encarna antwortet ihm freundlich und in bestem Deutsch – sie ist hier aufgewachsen –, das Mittelmeer sei ja nun leider überfüllt von Deutschen. Worauf er immer weiter deutsche Werte beschwört.

Schwerin

926 Ein­woh­ner:innen.

Gemeinde im Landkreis Dahme-Spreewald (Brandenburg). „Malerisch gelegen, direkt im Wald und am Teupitzer und Schweriner See, präsentiert sich dieses nette Straßendorf dem Besucher“, so die Tourismuswerbung.

Ein Fischerboot nähert sich: „Berliner Verhältnisse?“, fragt der Fischer freundlich. „Stress am Beckenrand?“ – „Nein“, antwortet ihm Encarna, „wohl eher brandenburgische Verhältnisse.“ Edith Kresta

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