Pöstchen verteilt, Liberale scheinbar glücklich

Innerparteilicher Machtkampf der FDP: Vorschnell und entgegen aller Absprachen nominieren die NRW-Liberalen Landtagsfraktionschef Wolf als Innen- und den Parteivorsitzenden Pinkwart als „Innovationsminister“. CDU verärgert

DÜSSELDORF taz ■ Für Nord–rhein-Westfalens designierten CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers war die Sache klar: „Erst kommen die Inhalte, dann die Personalien“, hatte Rüttgers zu Beginn der Koalitionsverhandlungen immer wieder betont. Doch die nordrhein-westfälischen Liberalen konnten den Kurs des künftigen Regierungschefs nicht durchhalten: In der FDP kämpft wieder jeder gegen jeden um Posten und Pöstchen.

Seit Sonntagabend sind zumindest die Posten verteilt: Der noch amtierende FDP-Landtagsfraktionschef Ingo Wolf soll wie erwartet Innenminister, Parteichef Andreas Pinkwart dagegen „Innovationsminister“ werden. „Das Ressort wird die Bereiche Hochschule, Wissenschaft und moderne Technologien umfassen“, sagt Fraktionssprecher Holger Schlienkamp – und betont, „wie glücklich“ alle in der Partei mit dieser Lösung seien. „Wir als FDP können damit hervorragend leben.“

Nicht ganz glücklich aber dürfte Marianne Thomann-Stahl sein. Lange war die parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Landtagsfraktion als mögliche Ministerin für ein neu zu schaffendes Infrastrukturministerium im Gespräch. Doch Thomann-Stahl bleibt Abgeordnete, das Rennen macht jetzt wohl der Christdemokrat und Gelsenkirchener Ex-Oberbürgermeister Oliver Wittke. Mehr als zwei Ministerposten dürfte die CDU den Liberalen nach ihrem mageren Wahlergebnis von 6,2 Prozent kaum zugestehen.

Die Berufung von Landesparteichef Pinkwart zum wenig einflussreichen „Innovationsminister“ ist auch die erste Niederlage für den bereits gewählten neuen FDP-Fraktionschef Gerhard Papke. „Bestimmte Namen, die in den vergangenen Wochen verkündet worden sind, sind nicht der Verhandlungsstand“, hatte der Politikwissenschaftler noch am Freitag betont. „Es gibt hinsichtlich der Ressortverteilung bisher keinerlei Festlegungen.“ Doch der Versuch, Pinkwart als Wirtschaftsminister gegen die Bochumer Christdemokratin und ehemalige Chefin des Regionalverbands Ruhrgebiet, Christa Thoben, in Stellung zu bringen, scheiterte. Rüttgers braucht Thoben als weibliches Aushängeschild: In der 89 Abgeordnete starken CDU-Fraktion sitzen nur 12 Frauen, von den 12 FDP-Parlamentariern sind nur drei weiblich. Jetzt soll Pinkwart durch den Titel des stellvertretenden Ministerpräsidenten protokollarisch aufgewertet werden.

Selbst bei seiner Wahl zum Fraktionschef konnte sich Papke nur schwer durchsetzen – gegen den Düsseldorfer Rechtsanwalt Robert Orth konnte der Kölner Papke nur sieben Abgeordnete für sich gewinnen, Orth kam auf fünf Stimmen. „Papke wurde von unserem Generalsekretär Christian Lindner vorgeschlagen. Herr Orth dagegen hat sich selbst ins Gespräch gebracht“, heißt es schadenfroh in der FDP.

Wenig amüsiert über den liberalen Postenschacher zeigen sich die Christdemokraten. „Die FDP diskutiert kaum über Inhalte“, ist von Teilnehmern der Koalitionsverhandlungen zu hören. „Die fragen lieber, wer warum Staatssekretär wird – und welchen Hubraum die Dienstwagen haben.“ ANDREAS WYPUTTA