Bremen ohne Hoffmann geht nicht

Die Geschicke der Bremer Politik lenkt seit Jahren nicht etwa der Präsident des Senats, sondern der Chef der Senatskanzlei: Reinhard Hoffmann (68, SPD). Sein Vertrag läuft am 30. Juni aus. Aber Henning Scherf (SPD) ohne Hoffmann – undenkbar

Bremen taz ■ Das ist der „regierende Bürgermeister“, hat SPD-Landeschef Carsten Sieling kürzlich geunkt: Reinhard Hoffmann, „CdS“ (Chef der Senatskanzlei). Henning Scherf, der repräsentierende Bürgermeister, hört das nicht gern, aber wer sich den Terminkalender des Bremer Bürgermeisters anguckt, der sieht: Viel Zeit für die Lenkung der Staatsgeschäfte ist da nicht. Der erste Mann im Rathaus liebt den populären Auftritt, während sein Staatsrat Hoffmann die harte Politik steuert. Von Scherf ist bekannt, dass er ungern Akten liest, Hoffmann ist auch da die perfekte Ergänzung: Bei einem Arbeitstag von 14-16-Stunden – und das seit 30 Jahren – bleibt kein Blatt Papier ungelesen, und wenn er mit seiner roten Tinte einen Referentenentwurf durchgearbeitet hat und zurückgibt, dann sind bis in einzelne Formulierungen Details angestrichen und Kommata korrigiert. Ein Hoffmann weiß alles besser – „Blutbad“ heißt diese Art von Hoffmann, Papiere zu lesen, im internen Rathaus-Jargon.

Die Frage, ob Hoffmann – sein Vertrag endet am 30. Juni – bleibt oder ob er kurz vor seinem 69. Geburtstag in den Ruhestand geht, ist also eine Bremer Staatsangelegenheit ersten Ranges. Als Scherf im vergangenen Sommer aus dem Eismeer per Satellitentelefon mitteilte, dass er nicht wie angekündigt Platz machen will für einen Generationswechsel, da stellte sich sofort die Frage: Und Hoffmann? Hoffmann schweigt eisern über den Tag X nach dem 30. Juni. Scherf sprach den einen oder anderen an auf der Suche nach einem Nachfolger – Hoffmann soll richtig sauer gewesen sein, als er davon Wind bekam. Angeblich weiß selbst seine Lebensgefährtin, die ihn seit Jahren zum Rückzug aus der Arbeit drängt, nicht, wie er sich entscheiden wird.

Im Rathaus liegt seit ein paar Tagen ein Zettel, ein Beschlussvorschlag. Mit Verweis auf die Entscheidung vom 4. Juli 2003, heißt es da, werde die Fortführung des Vertrages „ohne konkrete Zeitbestimmung“ beschlossen. Kein Name, keine Angabe, worum es geht. Ein klassischer Hoffmann. Seine Winkelzüge verstehen selbst seine Mitarbeiter nicht immer. Aber das Datum ist verräterisch: Was war am 4. Juli 2003? Eben, Hoffmanns Verlängerungsvertrag wurde da geschlossen, damals befristet auf zwei Jahre.

Er sei ein „Eckpfeiler der Großen Koalition“ in Bremen, sagt der CDU-Landesvorsitzende Bernd Neumann, „ein Workaholic im positiven Sinne“ – und immer „erster Ansprechpartner“, ein „Scharnier“ der Koalition. „Ich kenne ihn als einen der best informiertesten Männer in der Politik überhaupt“, sagt SPD-Bundestagsabgeordneter Volker Kröning, der Hoffmann seit mehr als 35 Jahren kennt. Über den häufig als selbstherrlich und unkollegial beschriebenen Arbeitsstil des Staatsrates will Kröning nichts Schlechtes sagen. Selbst wenn der Koalitionsausschuss tagt, ist Hoffmann für Scherf unverzichtbar. Hoffmann hat alle Zahlen im Kopf, Hoffmann schreibt das Protokoll.

In der SPD mehren sich Stimmen, die sich gegen Hoffmann wenden. Zu selbstherrlich treffe der Entscheidungen. „Der muss weg“, sagen unabhängig von einander zwei alt gediente Bremer Sozialdemokraten. Mit Namen zitiert werden will keiner von beiden. Ky
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