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Nachbarschaftsgefühl in der GroßstadtMeine Gasse in Hamburg

Ich habe einen besonderen Ort entdeckt: die Hamburger Neustadt. Das Viertel erinnert mich wegen seines Nachbarschaftsgefühls an meine frühere Heimat.

Wo die Leute noch Zeit zum Klönen haben: die Hamburger Neustadt, hier die Jakobstraße Foto: Bernhard Diener / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

S eit mehr als acht Jahren lebe ich in Hamburg und doch überrascht mich die Stadt mit neuen Straßen und Orten immer wieder: Mitten in Hamburg, in der Nähe des Michels, habe ich einen ganz besonderen Ort entdeckt. Nicht, weil er der teuerste oder schönste ist, sondern weil er mir gezeigt hat, dass selbst in einem kleinen Viertel das tatsächliche deutsche Gesicht zu sehen ist – und er mich an meine Heimat in Syrien und das Nachbarschaftsgefühl von früher erinnert.

Hier gibt es viele sogenannte Sozialwohnungen, in denen viele Menschen mit Migrationshintergrund leben. Außerdem gibt es Wohnungen von verschiedenen Genossenschaften für Menschen mit mittlerem Einkommen sowie private Wohnungen für Gutverdienende. In diesem Viertel kommen Menschen verschiedener Hintergründe zusammen und obwohl er mitten in Hamburg ist, habe ich manchmal das Gefühl, nicht in einer großen Stadt zu sein.

Dieses Gefühl kenne ich von früher, aus meiner Heimatstadt in der Nähe von Damaskus. Es war einer der Vororte von Damaskus, der durch Zugezogene und Vertriebene geprägt war. In Syrien leben zwar nicht viele Menschen mit internationaler Migrationsgeschichte wie hier in Deutschland, aber manchmal fühlte es sich doch so an, weil jede Stadt in Syrien eine ganz eigene Kultur und Sprache hat.

Ich habe erst nach ein paar Jahren in Hamburg bemerkt, dass es kein Vorteil einer großen Stadt ist, wenn dort nur alleinstehende junge Leute leben, sie nur schnell gehen und keine Zeit haben, sich zu unterhalten und zu grüßen. So ist es in der Hafencity, ein Stadtteil, der sich anfühlt, als wäre er nur für eine bestimmte Gruppe der Gesellschaft gebaut worden.

Coolness statt Nachbarschaft

In der Neustadt erlebe ich es ganz anders: Hier leben auch viele Familien und es gibt Spielplätze, auf denen die Kinder miteinander spielen und sich die Eltern kennenlernen. Ich beobachte gerne im Vorbeigehen eine ältere Frau, die tagsüber fast immer aus dem Fenster schaut. Manchmal unterhält sie sich dabei mit ihren Bekannten auf der Straße. Szenen wie diese geben mir dieses nachbarschaftliche Gefühl.

Selbst in meinen ersten Jahren in Hamburg, als ich noch im Schanzenviertel gewohnt habe, konnte ich dieses Gefühl nicht finden. Dort war es sehr cool und alle coolen jungen Leute haben sich hier versammelt. Aber eine richtige Nachbarschaft konnte ich dort nicht finden.

Die Szenen in der Neustadt hingegen erinnern mich an meine „harra“, meine Gasse, in der ich aufgewachsen bin. Ich habe schon als junger Mann gerne draußen gesessen und die Menschen beobachtet. Und mich begrüßen lassen, denn fast alle Menschen, die vorbei kamen, kannten mich oder meine Familie.

Ich bin überrascht, dass diese Nachbarschaft sich tatsächlich mitten in der Großstadt Hamburg befindet. Manchmal vergesse ich, wie sehr unser kapitalistischer Alltag die zwischenmenschlichen Beziehungen stört. Als wäre die Beziehung zwischen Menschen nur eine Transaktion und nicht etwas, das wir alle zum Leben brauchen.

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