„Große Koalitionen sind für große Parteien“

BODO RAMELOW Der Spitzenkandidat der thüringischen Linkspartei über seine starke Position in den anstehenden Koalitionsverhandlungen

1956 in Niedersachsen geboren und aufgewachsen in Rheinhessen, macht nach der Schule eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und die Fachhochschulreife in Marburg. Von 1981 bis 1990 ist er Gewerkschaftssekretär in Mittelhessen. 1989 geht er nach Thüringen. Von 1990 bis Juni 1999 Landesvorsitzender der Gewerkschaft HBV. 1999 tritt er in die PDS ein, 2001 wird er Vorsitzender der Landtagsfraktion in Erfurt. 2005 kommt er in den Bundestag und wird stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Linkspartei. Am Sonntag bekam seine Partei 27,4 Prozent der Stimmen.

INTERVIEW PAUL WRUSCH

taz: Herr Ramelow, werden Sie der neue Ministerpräsident in Thüringen?

Bodo Ramelow: Das werden wir am Ende der Koalitionsverhandlungen sehen. An uns hängt das nicht. Die SPD muss sich entscheiden, ob sie zum Steigbügelhalter der CDU werden will oder nicht.

Was werden Ihre nächsten Schritte sein?

Ich werde am Dienstag dem Landesverband vorschlagen, die SPD zu Sondierungsgesprächen einzuladen, dann wird sich zeigen, ob Herr Matschie bereit für einen Politikwechsel in Thüringen ist oder nicht.

Die Grünen bleiben außen vor?

Natürlich. Ich kann nicht erkennen, was die Grünen bei den Gesprächen verloren hätten. Es gibt eine Mehrheit für Rot-Rot in Thüringen. Die Grünen haben ständig wiederholt, wir seien die SED-Nachfolgepartei, mehr kam nicht. Die sollen darüber nachdenken, ob sie endlich für Ökologie und Bildung eintreten oder ob sie nur als Rächer der Enterbten unterwegs sein wollen.

SPD-Spitzenkandidat Christoph Matschie hat stets betont, dass es mit der SPD keinen Thüringer Landesvater der Linkspartei geben wird. Können Sie sich vorstellen, ihn zum Ministerpräsidenten zu wählen?

Das kann ich definitiv ausschließen. Ich werde ihn weder vorschlagen noch wählen. Herr Matschie hat sich durch seine Aussagen ins Abseits gestellt und gezeigt, dass er führungs- und regierungsunfähig ist.

Können Sie ausschließen, dass Sie auf das Amt verzichten und etwa einen anderen SPD-Kandidaten wählen oder einen dritten Kandidaten vorschlagen?

Ich kann ausschließen, dass ich jetzt noch mehr ausschließe. Es muss um den Politikwechsel gehen, es ist jetzt völlig deplatziert, weiter über Kandidaten zu reden. Wir haben den Gestaltungsauftrag, der Rest muss sich zeigen. An Dreistigkeit kaum zu überbieten ist die CDU in Person von Herrn Althaus, der den Gestaltungsauftrag bei sich sieht. Die sind die Wahlverlierer, um das mal festzuhalten. Althaus hat keinen Regierungsauftrag von den Wählern bekommen.

Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte. In diesem Fall die CDU. Wird es auf eine große Koalition hinauslaufen?

Eine große Koalition wird es nicht geben, weil wir nicht mit der CDU koalieren werden. Große Koalitionen sind für große Parteien gedacht.

Dann konkreter: Wird es auf eine Koalition von CDU und SPD hinauslaufen?

Wenn es so kommen sollte, dann müssen sie die Koalition der Verlierer bilden. Ich wünsche denen eine fröhliche Hochzeitsnacht. Ich bleibe dann als Oppositionsführer im Landtag und werde mit großem Vergnügen täglich den Sittenwächter spielen und aus der ersten Reihe Anträge einbringen, die die SPD vor der Wahl den Bürgern versprochen hat. Dann muss sich Herr Matschie daran messen lassen, ob er die Versprechen einhält oder nicht.

Aber schade um die gemeinsamen Inhalte zwischen Linkspartei und SPD wäre das schon.

Wir haben jahrelang gemeinsame Interessen vertreten. Im Bündnis „Mehr Demokratie“ und anderswo, das stimmt. An uns soll es nicht scheitern, diese jetzt auch in einer Koalition umzusetzen.

Egal wie es ausgeht, es werden wohl langwierige Verhandlungen werden. Wird es noch eine Entscheidung vor der Bundestagswahl geben?

Wir werden auf ein Ergebnis noch vor der Bundestagswahl drängen, damit die Wähler erfahren, was man bekommt, wenn man die SPD wählt.