Gefangene mit Sonderstatus

STRAFVOLLZUG Neues Gesetz soll die Behandlung von Untersuchungshäftlingen verbessern. Geplant sind Einzelbelegung und längere Besuchszeiten

Die männlichen erwachsenen Untersuchungsgefangenen sind am Holstenglacis untergebracht, jugendliche U-Häftlinge in Hahnöfersand.

■ 585 Plätze für U-Häftlinge gibt es bislang in Hamburg nach Angaben der Justizbehörde. Belegbar seien wegen bereits laufender Sanierungen derzeit 498. Tatsächlich belegt waren im Juli dieses Jahres 424 Plätze.

■ Untergebracht sind die Untersuchungshäftlinge dabei unter anderem in vier Doppelzellen, drei Dreierzellen und 20 Zellen mit bis zu sechs Plätzen.

Auch Hamburg hat jetzt ein eigenes Gesetzeswerk für den Umgang mit Untersuchungsgefangenen. Mit dem gestern vom schwarz-grünen Senat verabschiedeten Gesetzesentwurf, der nun in die Verbändeanhörung geht, sollen die Haftbedingungen der U-Häftlinge verbessert werden. Einzelbelegung, längere Besuchszeiten und Arbeitsangebote heißen die Eckpfeiler des geplanten Untersuchungshaftvollzugsgesetzes (UHVG).

„Untersuchungsgefangene verbüßen keine Straftat. Für sie gilt bis zum Urteil die Unschuldsvermutung“, weist Justizsenator Till Steffen (GAL) auf den wesentlichen Unterschied zu Strafgefangenen hin. Umso verblüffender, dass für diese Gefangenengruppe bislang kein eigenständiges Paragraphenwerk existiert, dass ihre Rechte regelt. Das soll sich nun – wie in fast allen Bundesländern – auch in Hamburg ändern.

Fünf Punkte sind der hiesigen Justizbehörde dabei besonders wichtig. U-Häftlinge sollen grundsätzlich räumlich getrennt von anderen Gefangenen untergebracht werden. Sie sollen zudem „zum Schutz ihrer Privatsphäre“, aber auch zum Schutz vor körperlichen Übergriffen durch Mitgefangene in Einzelzellen untergebracht werden.

Die neue Belegungsregelung greift allerdings erst ab Anfang 2015, weil vor allem im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis zahlreiche Umbaumaßnahmen notwendig sind, um die Einzelunterbringung faktisch umzusetzen. Die Umbaukosten werden auf rund 1,5 Millionen Euro geschätzt.

Mit dem Gesetz soll auch einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Folge geleistet werden. Ihm zufolge dürfen Häftlinge nur noch dann für eine Durchsuchung entkleidet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Gefährdung von Sicherheit und Ordnung bestehen.

Zudem sollen die Besuchszeiten während der Untersuchungshaft verlängert werden – bei Erwachsenen auf zwei Stunden im Monat, bei Jugendlichen auf vier. Zudem sollen Arbeits- und Bildungsangebote den Häftlingen künftig die Zeit verkürzen, wobei die Teilnahme an den Maßnahmen freiwillig bleibt.

Die SPD-Opposition begrüßte den Gesetzesentwurf. „Es ist gut, dass die Zeit der Sonderwege in der Hamburger Strafvollzugspolitik vorbei ist“, sagte SPD-Rechtsexpertin Jana Schiedek. Der Entwurf orientiere sich offensichtlich an dem von elf Bundesländern erarbeiteten Musterentwurf. Ob und wie weit Hamburg davon abweichen werde, gelte es noch zu prüfen. MARCO CARINI