Eltern stören den Unterricht

Fundamentalistische Erziehungsberechtigte blockieren im ostwestfälischen Salzkotten den Unterricht an einer Grundschule. Ihre Kinder sollen nicht am Sexualkundeunterricht teilnehmen

VON ELMAR KOK

Im Kreis Paderborn boykottieren immer mehr strenggläubige Eltern den Schulbesuch ihrer Kinder. Gestern erschienen sieben Kinder von fundamentalistischen Baptisten zum wiederholten Mal nicht zum Unterricht an der Salzkottener Liborius Grundschule. Wie jetzt bekannt wurde, störten Eltern in der vergangenen Woche den Unterricht, indem sie ihre Kinder vor dem Sexualkundeunterricht abholten. Dabei sollen sie den Klassenraum blockiert und die Durchführung des Unterrichtes verhindert haben.

Die Mitarbeiter des Paderborner Schulamtes sind frustriert. „Das einzige was uns helfen würde, wäre eine Änderung des Schulgesetzes“, sagte Hans-Josef Schäfers von der Paderborner Behörde zur taz nrw. Nachdem das Verwaltungsgericht Arnsberg entschieden hatte, nicht die Schulämter seien für Sanktionen bei den Eltern zuständig, sondern die Schulleitungen, gebe es „juristische Bauchschmerzen“. Viele Schulleiter seien mit den Schulverweigerern juristisch überfordert, so Schäfers.

Eine Änderung des Schulgesetzes ist laut Sprechern der CDU und FDP aber nicht vorgesehen (taz berichtete). Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Ralf Witzel, sagte, gegen die Schulverweigerer solle mit „mit der ganzen Härte des Gesetzes“ vorgegangen werden. Eine Befreiung von der Schulpflicht, die die Situation in Ostwestfalen entspannen würde, ist unter schwarz-gelb also nicht zu erwarten. Das Stören des Unterrichts durch die Eltern könne dazu führen, dass die Schule von ihrem Hausrecht Gebrauch mache und den Eltern den Zutritt zukünftig verbiete, sagt Stephanie Paeleke vom Düsseldorfer Schulministerium. „Die Schulleitung sollte jedoch zuerst das Gespräch mit den Eltern suchen, es geht ja ohnehin nicht, dass die ihre Kinder einfach aus dem Unterricht holen“, sagt sie.

Im Paderborner Kreis verweigern noch sieben weitere Familien ihren Kindern den Schulbesuch. Landrat Manfred Müller (CDU) sagte zu dem Fall in Salzkotten: „Das ist Hausfriedensbruch, das nächste Mal werden die Eltern mit einer Anzeige zu rechnen haben.“ Müller geht davon aus, dass die Schulleiterin der Liborius Grundschule den verwaltungsrechtlichen Streit ausfechten wird. „Ich denke schon, dass die mitzieht.“ Statt des Schulamtes muss nun die Rektorin Zwangsgelder für die strenggläubigen Baptisten anordnen, damit „auf der gesetzlichen Ebene alles getan werden kann“, so Müller. Bisher schlossen die baptistischen Eltern ihre Kinder nur teilweise vom Unterricht aus. Dass die Grundschüler aber seit Montag nicht in der Schule waren, deutet auf Totalverweigerung hin.