Stadt bevormundet Moslems

Die Stadt Mülheim sucht verzweifelt nach einem Gebäude für ihre islamische Gemeinde. Die von den Muslimen favorisierte ehemalige Landeszentralbank löse Ängste aus, argumentieren CDU und SPD

VON NATALIE WIESMANN

Ungefragt sucht die Stadt Mülheim seit Monaten nach einem geeigneten Gebäude für ihre moslemischen Gläubigen. Von den vier Vorschlägen, die der Islamischen Gemeinde nun unterbreitet wurden, scheint ein Gebäude wohl auch für die Betroffenen in Frage zu kommen.

„Wir müssen sehen, wie uns die Stadt preislich entgegenkommt“, sagt Sayed Siam, Vorsitzender der Islamischen Gemeinde. Davon wolle seine Gemeinde unter anderem eine Entscheidung abhängig machen. Die Lage des von der Stadt anvisierten Objekts sei „gerade noch so akzeptabel“, da es 20 Minuten vom Hauptbahnhof entfernt sei. Aus der jetzigen Moschee müssen die Gläubigen weichen, weil es sich in einem Gebiet befindet, das die Stadt demnächst sanieren will.

Wenn es nach nach der islamischen Gemeinde ginge, hätte sie bereits ein Haus gekauft: das ehemalige Gebäude der Landeszentralbank am Hauptbahnhof. Die Auftraggeber der Stadt sind die Fraktionen der SPD und CDU im Rat, denen das hoch gesicherte Gebäude als Moschee zu prekär erschien (taz berichtete).

„Wir haben uns nichts zu Schulden kommen lassen“, sagt Sayed Siam, Vorsitzender der Islamischen Gemeinde – und wird darin vom scheidenden NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) bestätigt. Bei einem Besuch in Mülheim hatte er versichert, dass die Gemeinde nicht vom Verfassungschutz beobachtet werde. Außerdem hatte er klar gestellt, dass der Verkauf des Gebäudes ein privates Geschäft zwischen der Bundesbank und der Islamischen Gemeinde sei.

„Wir müssen die Befürchtungen in der Bevölkerung ernst nehmen“, hält CDU-Fraktionsgeschäftsführer Hansgeorg Schiemer dagegen. Das Gebäude, das die BILD als „Hochsicherheitstrakt“ bezeichnet hatte, könne eben Ängste auslösen. „Warum will die Gemeinde hinter dicken Mauern und Panzerglas verschwinden? Das ist integrationsfeindlich und beunruhigt die Bürger“, sagte auch Dieter Wichering, Fraktionsvorsitzender der regierenden Mülheimer SPD im Januar der taz.

„Dass wir bisher dem Verfassungsschutz nicht aufgefallen sind, zählt für die Politiker nicht. Man unterstellt uns dann einfach, dass wir in Zukunft etwas Verbotenes machen können“, regt sich Siam auf. Für die Schleusentüren oder gepanzerte Tresors habe auch die Gemeinde keine Verwendung. Wenn die Stadt Bedenken hätte, könne sie ja den Umbau finanzieren. Ich bin mir sicher, dass es nie einen solchen Aufstand gegeben hätte, wenn eine andere Religionsgruppe in das Gebäude hätte einziehen wollen.“

Seine Gemeinde ziehe das umstrittene Objekt am Bahnhof weiterhin dem Angebot der Stadt vor. „Es ist nur zwei Minuten vom Bahnhof weg“, sagt Siam. Da in seiner Gemeinde auf Deutsch und Arabisch gebetet würde, ziehe sie auch viele Moslems aus umliegenden Städten an. „Die Landeszentralbank ist ein richtiges Schnäppchen“, so Siam. Denn in dem Bau befänden sich auch sechs Privatwohnungen, mit der die Gemeinde ihre Investition von 1,4 Millionen refinanzieren könne. „Wir müssen ja auch einen Kredit aufnehmen, um das Gebäude zu kaufen.“ In der von der Stadt angebotenen Immobilie gebe es nur eine Privatwohnung, deshalb erwarte er auch, dass die Verwaltung mit ihrem Preis runtergehe.

„So einfach geht das nicht“, sagt Stadtsprecher Volker Wiebel. Die Stadt könne nicht einfach mit dem Preis runtergehen, sondern sei gezwungen, das mit der Bezirksregierung abzusprechen. „Da müssen wir dann unsere finanzielle Lage mit der Besänftigung der Bevölkerung abwägen.“ Für die islamische Gemeinde könnte das schon zu spät sein: Die örtlichen Zeitungen hatten berichtet, dass sich jetzt auch ein auswärtiger Sicherheitsdienst für die ehemalige Landeszentralbank interessiere.