privater wohnraum
: Sozial ist, was abgeschafft wird

Die Mieterschützer hatten es befürchtet. Nur das Tempo überrascht sie. CDU und FDP schaffen schon in der ersten Verhandlungsrunde die Voraussetzungen zur Privatisierung von Wohnraum. Die letzten öffentlich geförderten Wohnungen sollen verkauft werden. Kündigungssperrfristen und andere „bürokratische Hindernisse“ verschwinden. Investoren sollen so ins Land geholt werden, lautet die Begründung der neuen schwarz-gelben Regierungen. Arbeitsplätze werden entstehen.

ANALYSE VONHOLGER PAULER

„Sozial ist, was Arbeit schafft“, lautet der Lieblingsslogan von CDU-Generalsekretär Volker Kauder. Wo neue Arbeitsplätze entstehen, können soziale Sicherungen ruhig verschwinden, lautet der Umkehrschluss. Wer arbeitet, braucht keine Absicherung mehr. Im Falle von Wohnungsprivatisierungen scheint dies nicht zu funktionieren.

Der Essener Wohnungskonzern Viterra wurde vor einigen Wochen an die Immobilienfirma Deutsche Annigton verkauft – eine Tochter der britischen Fondsgesellschaft Terra Firma. Seit einigen Tagen hält sich das Gerücht, dass von den 1.600 Viterra-Mitarbeitern mehr als ein Drittel entlassen werden soll. Sie werden überflüssig. Volker Riebel, Geschäftsführer der Deutschen Annington, kündigte zudem an, seine Firma wolle pro Jahr vier bis fünf Prozent des Wohnungsbestandes privatisieren – gewinnbringend versteht sich. Riebel soll auch Viterra-Chef Wolfhard Leichnitz ablösen.

Vorher als übertrieben zurückgewiesene Mahnungen von Mietervereinen erweisen sich jetzt als richtig. Auch wenn die Fondsgesellschaften immer wieder betonen, sie würden langfristig investieren, schauen sie auf die Rendite. Dabei sehen sie die Rechte der Mieter als Investitions-Hemmnisse. Schwarz-Gelb will dies ändern. Die damit verbundene Hoffnung, das neue Arbeitsplätze entstehen, erweist sich zumindest im Fall von Viterra als Trugschluss: Soziale Standards verschwinden und die Arbeitsplätze gleich mit.