Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

Aggressiv brüllt es in den Raum: „What do we want? Gradual change! When do we want it? In due course!“ Es ist doch schön, wenn Menschen sich so einig sind und einen Wechsel genauso gemeinsam einfordern, wie sie dazu bereit sind, die Verantwortung für ein tatsächliches Aufbegehren abzugeben. Ivan Seals und Sofias Hultens Beitrag „Liberal Protest“ zu „Collaborations“ im Autocenter (siehe Tipp) zielt so auf die ab, die vor einigen Wochen lüstern vom Fenster im ersten Stock nach sozialer Revolution riefen und nach dem Ausbleiben selbiger deduzieren, dass die Zeit eben noch nicht reif ist. Ach ja, man kann sich das Leben schon simpel stricken. Monumentales, wenn auch im abgespeckten 1:2-Format, fand sich am Wochenende im Bauhausarchiv. Das Raumlabor Berlin hatte dort den „Freund der Moderne“ in den Mittelpunkt gestellt, der in Berlin, zumindest was die Moderne der DDR betrifft, eher ins Abseits geraten ist. Man denke nur an den Ad-hoc-Abriss von Ulrich Müthers Ahornblatt oder den Palast der Republik. Der ist es auch, der die Verbindung zur gezeigten Skulptur, einem Vordach, schlägt. Denn einer der am Palast beteiligten Konstrukteure unterstützt das Raumlabor seit Jahren mit Details und Anekdoten, mit denen das Team die schiere Architektur künstlerisch belebt. Diesmal über das Baumaterial mit ausrangierten Türen aus dem einst wichtigsten Stadtentwicklungsprojekt der DDR, dem heute teils zurückgebauten Halle-Neustadt. Wer allerdings für die Architektur am Alex, die sich losgelöst von der Fassade vor dem Haus der Elektroindustrie findet, verantwortlich ist, bleibt ein Geheimnis, das weder Bauhausarchiv noch Zeitzeugen bisher lüften konnten. Ein Großteil der Moderne und mit ihr Geschichte(n) rutscht so nach und nach in den Untergrund und droht von der kapitalistischen Moderne überwuchert zu werden.

■ Raumlabor Berlin: Freund der Moderne – Vordach, www.raumlabor.net/?p=1977; Haus der Elektroindustrie, Alexanderplatz 1–5, Berlin-Mitte