confettiparade
: Vorvorbereitung der Vorbereitung

Der Confederations Cup beginnt, der Fifa-Präsident stellt einen Mann im gelben Sakko vor, und der gemeinte Franz Beckenbauer erzählt Anekdoten

Joseph Blatter gab sich wirklich alle Mühe, aus dem gut ausstaffierten Kleinturnier ein ganz großes Ding zu machen. Es handle sich keinesfalls um „ein Wald-, Feld- und Wiesenturnier“, im Gegenteil, der Confederations-Cup sei „ein international hoch stehender Wettbewerb“, verkündete der Präsident des Weltverbandes Fifa im Bauch des Frankfurter Waldstadions, das noch nicht den Namen eines ortsansässigen Bankhauses tragen darf, weil es einen klitzekleinen Interessenkonflikt mit den exklusiven Geldgebern der Fifa gibt. Wer an Größe und Bedeutung des Confed-Cups zweifle, setzte Blatter fort, solle sich bitte schön das Teilnehmerfeld anschauen, in dem sich illustre Namen finden: Argentinien, Brasilien, Griechenland, und, nun ja – Deutschland. Ein paar fußballerische Schwellenländer wie Tunesien oder Australien dürfen auch mitmachen, Fußball ist schließlich „global“.

Weil Blatter den Confed-Cup, den alle Welt liebevoll Konfetti-Cup nennt, für einen außerordentlichen Wettkampf hält, reiste er gleich wieder ab zur U-20-WM in den Niederlanden. Blatter hat seine Arbeit in Deutschland getan. Nicht nur, dass er seinerzeit die Wundertüte mit dem „Deutschland“-Vermerk öffnete, vor kurzem hat er zudem im gähnend leeren Münchner Stadionneubau „den Kickoff“ für die WM getätigt. Für all jene, deren Uhren noch anders gingen, hat Blatter die neue Zeitrechnung eingeläutet: den Countdown bis zur WM-Eröffnung. Aus Blatters Binnenperspektive heißt das: „Liebe Freunde des Fußballs, es ist schon etwas los in Deutschland.“

Wer wüsste das besser als Franz Beckenbauer, den Blatter als „den Mann da links in der gelben Jacke“ vorstellte. Der Mann in der gelben Jacke sprach von „einem ersten Test“. Urs Linsi, Generalsekretär der Fifa, doppelpasste mit der Lichtgestalt; Linsi sprach von einem Härtetest. Doch bisher konnten die Teams alles Mögliche bei diesem Turnier testen, nur nicht ihre Härte. „1999 sind wir mit einer Touristentruppe angereist“, öffnete Beckenbauer seinen Anekdotenschatz, „und die Brasilianer kamen mit einer Nachwuchstruppe. Damals hat man den Pokal nicht so ernst genommen. Er war mehr Belastung als Freude.“

Die Touristentruppe ließ sich 0:4 von der Nachwuchstruppe schlagen, scheiterte nach einer zweiten Niederlage gegen die USA bereits in der Vorrunde – und Beckenbauer bereute es, dass er die Deutschen als Ersatz für die Equipe Frankreichs nach Mexiko gelotst hatte, unter Widerständen des DFB („Die waren fast ohnmächtig und wollten mich einweisen“) und der Bundesliga. „Aber heute ist das alles anders“, wusste Beckenbauer vom Wertewandel in Konfettiland zu berichten. Vergessen sind die Anfänge des Pokals, der den Namen König Fahds von Saudi-Arabien trug, weil dieser ein paar Petrodollars für den Fußball locker gemacht hatte, vergessen ist auch die Schmach von Mexiko. Jetzt heißt es die Tage zählen bis zu jenem Ereignis, das Deutschlands Bruttosozialprodukt um einen Prozentpunkt anheben und acht Milliarden Euro in die leeren Kassen spülen soll.

Wichtig ist bei diesem Turnier also nicht nur der rollende Ball, nein, alles trägt bereits das Siegel der künftigen WM, ist somit hochoffiziell und Teil des nationalen Projekts Weltmeisterschafts-Titel 2006. Visionen und Projektionen flirren durch die Luft; das Land der Stagnation wird zum Land der Ideen hochgejazzt. Die Vorvorbereitung der Vorbereitung bekommt den schrillen Anstrich einer Generalprobe. Es wird mächtig Stimmung gemacht für den Smiley-Cup in einem Jahr, doch testen können sich weniger die Auswahlspieler, die ihren Urlaub opfern müssen, als vielmehr das Heer der Administratoren und Helfershelfer. Dass am Ende mit einem Minus von 6,2 Millionen Euro gerechnet werden muss, ist nicht Sache der Deutschen. Die Fifa zahlt das Defizit.

Fünf Stadien von zwölfen werden im Rahmen des „Festivals der Meister“, des „Pokals der Konföderationen“, des „Cups der Erdteilmeister“ bespielt, und man schaut mit Interesse darauf, ob das Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“ nur ein hohler Slogan ist oder vielleicht doch ein bisschen emotional aufgeladen.

Wenn der Fan zu Gast bei der deutschen Nationalmannschaft sein will, dann erlebt er in diesen Tagen sein blaues Wunder. Ein Aufgebot von Stewards und Supervisors, so heißen die gestrengen Männer, sorgt dafür, dass kein Laie durchkommt zu Klinsmanns Kickern. Geheim ist, was wichtig ist, also schottet sich der DFB-Tross ab. Auch dies gehört zur Inszenierung, die unter ihrem amerikanisierten Imageberater spektakuläre Höhen erreicht. Heute muss, nach dem Match Argentinien – Tunesien in Köln (18 Uhr/ARD), sich die DFB-Elf der Öffentlichkeit stellen – im Spiel gegen Australien (21 Uhr/ARD). Mal sehen, was die Cleansmen ausgeheckt haben.

MARKUS VÖLKER