Die Stadt als Möglichkeitsraum

STADTENTWICKLUNG Der siebte Hamburger Architektursommer befasst sich bis August in rund 280 Veranstaltungen mit dem Schwerpunkt „Aneignung und Teilhabe“. Dabei gibt es auch reichlich Gelegenheiten mitzumachen

VON ROBERT MATTHIES

Ob Großprojekte wie Hafencity, IBA und Neue Mitte Altona oder tief greifende gesellschaftliche Prozesse wie die Gentrifizierung ganzer Stadtteile: So rasant und umfassend wie derzeit hat sich das Stadtbild Hamburgs seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht verändert. Aber auch der Widerstand gegen die Umstrukturierung wächst und feiert, wie im Gängeviertel oder im Fall der Esso-Häuser an der Reeperbahn, Erfolge. Immer mehr Initiativen nehmen sich ihr „Recht auf Stadt“, eignen sich Orte an und fordern die Teilhabe aller an der Gestaltung des Stadtraums. Die Frage ist: In welcher Stadt wollen wir in Zukunft wohnen?

Auch der alle drei Jahre stattfindende Hamburger Architektursommer, der seit Anfang Mai zum siebten Mal das Bauen und Leben in der Stadt zum Thema macht, hat sich dieses Jahr mit seinem Schwerpunkt „Vor Ort – Aneignung und Teilhabe“ vorgenommen, die aktuellen Debatten mit einem breit gefächerten Programm aufzugreifen, Interesse zu wecken, Diskussionen anzustoßen und vor Ort Fachleute mit der breiten Öffentlichkeit ins Gespräch zu bringen.

Insgesamt umfasst die Reihe bis Ende August rund 280 Veranstaltungen von Ausstellungen, Filmvorführungen, Installationen und Performances über Symposien, Diskussionen und Workshops bis zu Stadtführungen und Architekturexkursionen. Außerdem gibt es eine Reihe von Veranstaltungen, die sich speziell an Kinder und Jugendliche richten. 150 Veranstalter, darunter Museen, Hochschulen und Architekturbüros ebenso wie kleine Galerien oder Stadtteilinitiativen, beteiligen sich.

Eingeteilt ist das Programm in elf Sparten, die sich mit dem Städtebau der Nachkriegsmoderne, der Visualisierung von Architektur und Stadt, Gärten und Landschaft oder einzelnen Architekten, Städten oder Gebäuden beschäftigen.

Wie gesellschaftliche Entwicklungen ihren städtebaulichen Ausdruck finden, lässt sich etwa in der Ausstellung „‚Weiße Stadt‘ Tel Aviv“ bis Ende Juni im Kunstraum Falkenstein (Grotiusweg 79) entdecken: Zu sehen sind hier Fotos, die Irmel Kamp 1988 von den rund 4.000 Gebäuden gemacht hat, die jüdische Immigranten zwischen 1931 und 1956 in der israelischen Stadt gebaut haben: Nirgendwo existieren mehr Häuser im europäischen Stil der Zwanzigerjahre als hier.

Wie man konkret Menschen in städtebauliche Diskussionen einbinden kann, zeigt bis zum 1. Juni eine Ausstellung im Gymnasium Allee (Max-Brauer-Allee 83–85): Im Projekt „BunkerSuperSuite“ haben sich Altonaer Jugendliche mit Ideen zur Umnutzung von Bunkern beschäftigt: eine Bar auf dem Dach, unten eine Bibliothek, außen eine transparente Glashülle.

Gelegenheit, selbst mitzumachen, gibt es ebenfalls zuhauf: Baumhäuser bauen zum Beispiel, oder an einer unangemeldeten temporären Bauwerk-Beleuchtung teilnehmen. Die Termine gibt’s kurzfristig auf www.guerillalightning.de.

■ Bis Ende August, das Programmheft gibt es an den Veranstaltungsorten, in Kultureinrichtungen oder Buchhandlungen oder unter www.architektursommer.de