Unnötige Pillen fressen Milliarden

Gesundheitsministerin rügt Ärzte, Apotheker und Kassen für Verschwendung

BERLIN dpa ■ Patienten und Krankenkassen werden durch teure, aber unnötige Medikamente weiter mit Milliardenkosten belastet. Darauf wies Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) gestern hin. „Drei Milliarden Euro werden für Arzneimittel ausgegeben, die den Patienten nicht besser helfen als preisgünstigere“, kritisierte Schmidt bei der Vorlage des Arzneimittelreports 2005 der Gmünder Ersatzkasse (GEK).

Sie forderte Ärzte, Apotheker und Kassen auf, die Verschwendung durch überteuerte, aber nicht wirksamere Präparate einzudämmen. Diese müssten im Rahmen der Selbstverwaltung „endlich ihre Hausaufgaben machen und den gesetzlichen Spielraum für eine preisgünstige und dennoch sichere Therapie nutzen“. Die Entwicklung der Ausgaben für Arzneimittel sei keine unbeeinflussbare Gottesgabe.

Erst am Wochenende hatten Ministerium und Kassen über ein drohendes Milliardendefizit in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgrund steigender Arzneikosten gestritten. Während die Kassen 2005 ein Minus von vier Milliarden Euro befürchten und höhere Beiträge ankündigten, geht die Bundesregierung von einem Überschuss aus. Der Anteil der Arzneimittelkosten an den Ausgaben der GKV von 140 Milliarden Euro beträgt rund 17 Prozent.

Gesundheitsökonom Prof. Gerd Glaeske forderte, auf umstrittene Medikamente zu verzichten und stärker billigere, wirkstoffgleiche Arzneien (Generika) zu nutzen. Die größten Einsparungen seien möglich, wenn teure „Analogprodukte“ nicht mehr verschrieben werden. Diese vermeintlich neuen Präparate seien eine „Plage“. Nur ein Drittel neuer Medikamente sei wirklich innovativ. 25 Prozent der Neuentwicklungen seien bloße Analogprodukte, „die als Innovation daherkommen, aber keinen Fortschritt darstellen“.

Glaeske zufolge zeugt es von schlechtem Management eines Konzerns, wenn dessen Überleben vom Umsatz nur eines Analogprodukts abhänge. Eine Reihe deutscher Pharmafirmen habe nicht für die Zukunft vorgesorgt, teils sei die letzte Innovation mehr als zehn Jahre alt. Zugleich würden 16.000 Pharmareferenten beschäftigt und zwei Milliarden Euro allein für diesen Vermarktungsbereich ausgegeben.