Die Rückkehr in die Geschichte

Der amtierende Außenminister Joschka Fischer stellt in Berlin sein neuestes Buch vor

BERLIN taz ■ „Ich ziehe keine Bilanz, auch keine Zwischenbilanz.“ Das Buch war lange angekündigt. Lange vor dem Nein der Franzosen und Niederländer zum EU-Vertrag. Lange aber auch vor jenem Wahlabend in Nordrhein-Westfalen, mit dem die wahrscheinlich letzte Phase in Fischers Ministerleben begann. Umflankt von den Ex-Zeit-Chefredakteuren Roger de Weck und Michael Naumann stellte der Außenminister sein jüngstes Buch „Die Rückkehr der Geschichte“ gestern in Berlin vor.

Sein 1994 erschienenen erstes außenpolitisches Buch („Risiko Deutschland“) wurde damals als Bewerbungsschreiben für den Job im Außenamt gesehen. Und so bleibt der Gedanke nicht aus, dass sich Fischer mit seinem neuesten Werk für neue Aufgaben empfehlen will. Nein, das Buch sei, trotz des tiefschwarzen Einbands, kein „Testament“.

Der als „amtierender Außenminister“ Vorgestellte bleibt an diesem Abend der nachdenkliche Weltpolitiker, der in größeren Dimensionen denkt. Für den ist sogar das Werben um einen ständigen Sitz Deutschlands im Sicherheitsrat plötzlich nicht mehr so wichtig wie die Reform der Vereinten Nationen.

Doch bei so großer Weltpolitik fällt die Suche nach dem Kern schwer. So dauert es lange, bis es de Weck und Naumann gelingt, hinter Fischers praktischen Betrachtungen so etwas wie eine These zu erkennen.

Der Titel seines Buches suggeriert eine Anlehnung an Francis Fukuyamas „End of History“, mit dem Anfang der 90er-Jahre der liberale Triumph verkündet wurde. Nein, darum gehe es ihm nicht, so Fischer. Aber der Sieg des Westens 1989 sei niemals verarbeitet worden. Nach dem 11. September 2001 sei ihm, Fischer, die Furcht gekommen, er wäre wieder in den Zeiten seiner Eltern zurück. „Ich dachte, das wäre uns erspart geblieben.“

Selbst stellt sich der Autor dann die Frage, wie denn „der Fischer“ dazu komme, „die globale Macht der USA als eine der zwei entscheidenden Säulen darzustellen“. Ohne die USA ginge halt gar nichts. Doch auch diese größte Macht könne „Legitimität nicht generieren“. Die Amerikaner würden erkennen müssen, dass sie mehr als alle andere die Vereinten Nationen brauchen – gerade „weil sie die globale Macht sind“. ERIC CHAUVISTRÉ