wortwechsel
: Von Anthroposophie und Aktivismus

LeserInnen sind uneinig, ob Rudolf Steiners Lehre „akademische Weihen“ verdient. Das Verständnis für die Klebe-Aktionen der Letzten Generation sinkt, der Ton wird rauer

Ein Autofahrer in Berlin bittet einen Klimaktivisten aufzustehen und den Weg frei zu machen Foto: Christian Mang/reuters

China

„Warnung an den Westen“,

wochentaz vom 29. 4.–5. 5. 23

Guter Artikel! Ja, vermutlich war es eine Warnung an den Westen, die etwa lautet: Glaubt nicht, dass ihr uns vereinnahmen könnt und wir euch nach dem Mund reden. Wir haben eine eigene Meinung, die gehört werden soll. Und vermutlich weiß China, dass der Westen nachgiebiger ist, wenn das Gegenüber unberechenbar erscheint. Es bedeutet aber vermutlich auch eine Nachricht an Russland: Wir sind noch immer euer Freund, auch wenn wir der Meinung sind, dass dieser Krieg die Wirtschaft stört und deswegen aufhören sollte. Mal sehen, wie das weiter geht, es bleibt spannend. Besonders die Gebiete nördlich des Amurs könnten nächstes Jahr wichtiger werden als Taiwan.

Uli Lutz, Böblingen

Anthro-Bashing

„Die gekaufte Professur“,

wochentaz vom 29. 4.–5. 5. 23

Samstagmorgen. Tasse Kaffee. Die Zeitung ist da: Die taz war erneut investigativ unterwegs. Ziel waren wieder mal: Steiner & die Anthros (cooler Bandname übrigens). Die ja mittlerweile selbstverständlich mit den Querdenkern in eine Schublade gepackt werden. Die Tendenz zum Anthro-Bashing ist mir nicht unbekannt. Unabhängig von all dem, was Steiner so gesagt haben soll: Wem als normaler Kassenpatient bei/in der Behandlung in Herdecke oder auf der Havelhöhe der Unterschied zu einem 08/15-Krankenhaus nicht positiv auffällt und wer lieber in eine „richtige“ Klinik geht, darf das gerne tun.

Maik Markmann, Berlin

Irrlehre

„Die gekaufte Professur“,

wochentaz vom 29. 4.–5. 5. 23

Es ist schon äußerst bedenklich, dass die Irrlehre eines selbsternannten „Hellsehers“, der sich vor rund 100 Jahren anmaßte, sich zum Experten in Erziehungswissenschaften, Agrarwissenschaften und Medizin aufzuschwingen, ohne jemals auch nur einen Tag im Hörsaal einer entsprechenden Fakultät gewesen zu sein und an einer Vorlesung teilgenommen zu haben oder gar einen akademischen Titel erworben zu haben, Eingang in den akademischen Betrieb einer der anerkanntesten und renommiertesten Kliniken Europas, wenn nicht gar der ganzen Welt finden konnte. Ein Ideenkonstrukt, eine Ideologie aus Nationalkonservatismus, Esoterik und Scharlatanerie, das über Lebensjahrsiebte, Geistwesen, Mistelzweige als Krebstherapie schwadroniert, gewürzt mit einer Handvoll Rassismus, etwas Antisemitismus, einer guten Prise Wissenschaftsfeindlichkeit und auf Ideen beharrend, die schon vor 100 Jahren aus der Zeit gefallen zu sein schienen, erfährt gewissermaßen akademische Weihen.

Ralf Peter Maier, Stuttgart

Interessenkonflikt

„Die gekaufte Professur“,

wochentaz vom 29. 4.–5. 5. 23

Ich bin nach dem Lesen Ihres oben genannten Beitrags schon sehr gespannt auf die Fortsetzung, in der Sie dann vielleicht mal über die Interessenkonflikte von Medizinern berichten, die an der Erarbeitung medizinischer Leitlinien mitwirken. Im „Funkkolleg Gesundheit“, dem ich einige bescheidene Einsichten in das Gesundheitssystem verdanke, wurde schon vor Jahren der Anteil derjenigen als sehr hoch angegeben, die sich – freiwillig – als NICHT frei von Interessenkonflikten ausgewiesen haben. Elke Würges, Niedernhausen

Geldkreislauf

„Aktienrente für Profite“,

wochentaz vom 29. 4.–5. 5. 23

Hervorragender Artikel. Umlagensicherung ist eine soziale Errungenschaft und verdient Wertschätzung. Mit der Umlagensicherung erwirtschaftete Gelder werden sofort wieder ausgegeben und dort hingelenkt, wo sie benötigt werden. Das Geld zirkuliert und macht sich nützlich. Ein Geldkreislauf entsteht. Dagegen züchten wir uns mit der Kapitaldeckung große Geldvermögen, die im Zweifel sogar gegen uns eingesetzt werden, beispielhaft dargestellt durch Immobilienspekulation und den Mietenanstieg.

Peter Braß, Steinhausen a. d. Rottum

Eigenverantwortung

„Woher kommt der Hass?“,

wochentaz vom 29. 4.–5. 5. 23

Die Ziele der Letzten Generation sind eindeutig richtig, aber ihre Methoden, sie zu erreichen, sind grundfalsch. Sie schaffen es nicht, die Bevölkerung dazu zu bringen, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren, zu prüfen, welchen Beitrag sie leisten wollen, um den Klimawandel noch zu stoppen. Doch statt Eigenverantwortung zu übernehmen, sollen es die Politiker richten, Tempolimit muss her, 9-Euro-Ticket und vieles mehr. Solange alle frei entscheiden dürfen, ihre persönlichen Vergnügen wie Urlaub, Kreuzfahrtabenteuer etcetera durch schädlichen CO2-Ausstoß zu ermöglichen, wird sich nichts ändern. Obwohl es jeder Einzelne besser machen könnte als alle Umweltministerinnen der Welt.

Goerg Hoffmann, Zwingenberg

Straftäter

„Woher kommt der Hass?“,

wochentaz vom 29. 4.–5. 5. 23

Zunächst einmal eine Selbstverständlichkeit: actio et reactio, dieses aus der Physik stammende Prinzip führte in den Sozialwissenschaften zu der Erkenntnis: Gewalt erzeugt Gegengewalt. Und um gewalttätige Aktionen handelt es sich – immerhin ist der Straftatbestand der Nötigung erfüllt. Und „zivilen Ungehorsam“ gibt es in der Rechtsprechung nicht. Selbst das Widerstandsrecht im Grundgesetz geht nach allgemeiner Rechtsauffassung von gewaltfreiem Widerstand aus. Da hilft keine Diskussion – bei diesen Menschen handelt es sich schlicht um kriminelle Straftäter. Und jeder Mensch hat in Deutschland das Recht, sich gegen kriminelle Straftäter zu wehren. Uwe Turner, Bensheim

Private Nöte

„Woher kommt der Hass?“,

wochentaz vom 29. 4.–5. 5. 23

Ich wohne in München. Auch hier wurde immer wieder stundenlang der Verkehr lahmgelegt. Ich habe auch einen schwerbehinderten Sohn. Der muss immer wieder operiert werden. Auf diese Termine warten wir teils Monate. Ein ganzes Ärzteteam bereitet sich jedes Mal sorgfältig darauf vor. Meine Partnerin weint am Abend vorher. Sie ist Tage vorher schon mit den Nerven runter. Zu der Operation müssen wir bettenbelegungsbedingt mehr oder weniger just in time kommen. Wenn wir wegen der Kleber zwei Stunden im Stau stehen, platzt die OP und wir müssen wieder monatelang warten. Wir können mit dem Jungen nicht einfach öffentlich oder dem Fahrrad fahren. DAHER kommt der Hass. Stefan Ziegler, München