Tausend Tote und kein bisschen Frieden

KONGO Armee verkündet Sieg über die ruandische Hutu-Miliz FDLR im Ostkongo. Aber die Zahl der Flüchtlinge steigt immer weiter und nun sollen die Milizen frische Kämpfer in Burundi anwerben

BERLIN taz | Kongos Regierungsarmee gibt sich siegessicher. Seit Beginn der jüngsten Großoffensive „Kimia zwei“ gegen die ruandischen Hutu-Milizionäre der FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) in den ostkongolesischen Kivu-Provinzen vor zwei Monaten seien 1.037 FDLR-Kämpfer getötet und 1.074 gefangen genommen und der UNO übergeben worden, sagte Generalstabschef Didier Etumba gestern in der Stadt Goma nach einem Gipfeltreffen mit seinen Amtskollegen aus Ruanda und Burundi. Die Generäle behaupten, sie hätten sämtliche wichtigen Verkehrswege Ostkongos zurückerobert.

Wenn das stimmen sollte, wäre die teils von Tätern des ruandischen Völkermordes geführte FDLR, die bislang im Ostkongo mit geschätzt 6.000 Kämpfern große Gebiete kontrollierte, empfindlich geschwächt. Im Januar und Februar hatten erstmals die Armeen Kongos und Ruandas gemeinsam eine Militäraktion gegen die FDLR in Nord-Kivu gestartet, allerdings mit sehr begrenzter Wirkung. Im Juli begann eine weitere Offensive in Süd-Kivu, diesmal ohne Ruanda. Jede Woche vermelden Militärsprecher bei diesen Vorstößen neue Geländegewinne.

Doch lokalen Beobachtern zufolge ziehen sich die FDLR-Einheiten bei Angriffen nur kurz zurück und sickern schnell wieder in die vorher von ihnen kontrollierten Gebiete ein. Allen Siegesmeldungen zum Trotz steigt in Süd-Kivu die Zahl der Kriegsvertriebenen immer weiter. Laut UNO erhöhte sie sich im Laufe des Juli um 66.640 auf 603.520 – ein Rekord. Im August stieg sie weiter. Vielfach wird berichtet, dass FDLR-Kämpfer Dörfer in Gebieten anzünden, aus denen sie offiziell verjagt sind. Und wenn Kongos Armee tatsächlich die Kontrolle übernimmt, ist das für die Menschen nicht besser. Die Soldaten zwingen die Bevölkerung zu Trägerdiensten, erpressen Geld an illegalen Straßensperren und meutern gegen ausbleibende Bezahlung. Auch brutale Vergewaltigungen gehen auf ihr Konto.

Der Krieg im Ostkongo dürfte sich somit weiter intensivieren. Neuerdings fallen immer mehr Soldaten FDLR-Landminen zum Opfer, eine bisher in der Region wenig genutzte Taktik. Und es mehren sich Berichte, dass die ruandischen Milizen jetzt in Burundi frisch demobilisierte Hutu-Rebellen anheuern. Bei der FDLR in Kongos Busch verdienen sie ein Vielfaches dessen, was ihnen in Burundi bei der Demobilisierung als Wiedereingliederungsprämie zusteht.

DOMINIC JOHNSON