Das ganz große Hupen

Bombastische Bigband der anderen Art: Tokios vielköpfiges „Shibusa Shirazu Orchestra“ in der Fabrik

Als der Bassist Daisuke Fuwa zusammen mit einigen Mitmusikern 1989 in Tokio das Shibusa Shirazu Orchestra gründete, hatte er vor allem im Sinn, es zur Vertonung von Performance-Arbeiten der Theatertruppe Hakken no Kai einzusetzen. Es verselbständigte sich das bereits damals vielköpfige Ensemble jedoch rasch vom Bühnengeschehen und wurde, nun, eine richtige Band. Und was für eine: Wer sie hört und – mehr noch – sieht, dem wird offenbar, dass sich auch jenseits von bravem NDR-Bigband-Frühschoppensound noch etwas anstellen lässt in großer bis reichlich großer Jazz-Besetzung.

Spätestens seit den frühen 90er Jahren veröffentlichen Shibusa Shirazu – grob übersetzt „Sei niemals cool“ – regelmäßig und weitgehend unter eigener Kontrolle Alben. Insbesondere waren es aber die wiederholten Tourneen auch und gerade nach Europa, auf denen sie sich mehr als einen guten Namen machten: Vom „großen Aufschrei des japanischen Jazz“ ist andernorts die Rede gewesen. Sie begeisterten aber nicht von ungefähr auch schon beim Open-Air-Festival im britischen Glastonbury, eben gerade keine Jazzveranstaltung, mit ihrer bombastischen Mischung aus schmissigem Rhythmuskorsett und freier Gruppenimprovisation, japanischer Schlagerspielart und (scheinbarem) Chaos.

Über die genaue Zahl der am Shibusa Shirazu Orchestra Beteiligten herrscht dabei eine gewisse Unklarheit: Vor fünf Jahren sprach etwa der künstlerische Leiter des renommierten Jazzfestivals Moers im Interview mit dieser Zeitung über „das 52-köpfige“ Orchestra, das er da bereits zum zweiten Mal habe gewinnen können. In der offiziellen Selbstdarstellung der Band indes war da von gerade mal 33 Mitgliedern die Rede.

Auch 2005 waren die Japaner in Moers, wo sie inzwischen wohl als gern gesehene Gäste gelten dürfen. Was ihre Zahl angeht, so hat sich inzwischen die Sprachregelung gefestigt, das Orchester trete „mit 26 Personen zu einer explosiven und einzigartigen Performance an“.

Denn das Besondere ist garnicht mal die reine Quantität des hier Aufmarschierenden: Dass da der eine oder andere Blechbläser mehr mithupt als anderswo – schön und gut. Aber Shibusa Shirazu Orchestra wollen die ganze Aufmerksamkeit. Und so bringen sie auch zu diesem Hamburg-Gastspiel wieder ihre Butoh-TänzerInnen mit – und ihren monströsen heliumgefüllten Drachen. aldi

Fr, 17. 6., 21 Uhr, Fabrik