Gut gemeint und zu kurz gedacht

„Sehr blaue Augen“ wünscht sich Pecola Breedlove flehentlich in dem gleichnamigen Roman von Toni Morrison. Das junge Mädchen ist schwarz. Auch die fünfjährige Toxi in dem westdeutschen Nachkriegsfilm „Toxi“ von Robert A. Stemmle hat keine blauen Augen und keine helle Haut. Sie ist das Kind einer deutschen Mutter und eines afroamerikanischen Soldaten. Weil die Mutter gestorben und der Vater in die USA zurückgekehrt ist, wächst Toxi bei ihren Großeltern in Deutschland auf, wo sie als Besatzungskind allen rassistischen Vorurteilen und Anfeindungen ausgesetzt ist.

Mit ihrem Charme gewinnt Toxi dann jedoch auch die Herzen aller: der Zuschauer, der Großeltern und des Vaters, der sie am Weihnachtsabend in die „amerikanische Heimat“ holt. Ein sentimentaler Film mit gut gemeinter Absicht, wie die „Geschichte von den schwarzen Buben“ in Hoffmanns „Struwwelpeter“, also die Geschichte von den bösen Schlingeln, die in schwarze Tinte getunkt werden.

1952, als der Film in die Kinos kam, wurden die ersten nachkriegsgeborenen afrodeutschen Kinder eingeschult. Der Film wollte einerseits Plädoyer für Empathie und Verständnis ihnen gegenüber sein, indem er Ausgrenzung als Folge rassistischer Vorstellungen aufzeigt und spürbar macht, andererseits unterliegt er aber selbst der dichotomen Kategorisierung von „deutsch“ und „weiß“ und wertet davon Abweichendes als defizitär, das „es zu integrieren gilt“.

Der Film „Toxi“ läuft am Sonntag, 19. Juni, um 17 Uhr im Kino Arsenal in der Potsdamer Straße 2. Die Vorführung findet im Zusammenhang mit dem Seminar „Whiteness“ statt, das Isabell Lorey an der Universität der Künste hält. Anschließend kann diskutiert werden. dses