Grüne: Mehr Sein als Schein beim Handwerk

Für die Grünen zeitigt die Handwerksreform in Berlin Erfolge, denn durch den Gründungsboom sei Schwarzarbeit legalisiert worden. Insgesamt hat die Zahl der im Handwerk Beschäftigten allerdings weiter abgenommen

Die Teilliberalisierung der Handwerksordnung hat in Berlin weniger negative Auswirkungen als befürchtet. Diese Ansicht vertritt zumindest die Grünen-Wirtschaftsexpertin im Abgeordnetenhaus, Lisa Paus. Die Abgeordnete stützt sich mit ihrer Einschätzung auf die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage, die sie dem rot-roten Senat stellte. So sei der Anteil ausländischer Unternehmen an den Handwerksneuanmeldungen geringer als in der Öffentlichkeit wahrgenommen, so Paus.

Von knapp 6.000 Neuanmeldungen im Jahr 2004 gingen rund 1.200 auf das Konto ausländischer Unternehmen. Von denen wiederum gehörten rund 200 zu den so genannten zulassungspflichtigen Gewerken, das heißt, die Zulassung gibt es nur bei Vorlage einer Meister-, Ingenieur- oder Technikerprüfung. Bei den zulassungsfreien Gewerken stachen insbesondere die Fliesenleger, die Gebäudereiniger und der Bereich Holz- und Bautenschutz hervor. Gezählt wurden rund 520 polnische Existenzgründer, 260 türkische sowie rund 150 aus dem ehemaligen Jugoslawien.

„Die Handwerksreform hat voll gegriffen“, so Paus. Auch seien die Ängste, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung würde im großen Stil zugunsten von Scheinselbstständigen abgebaut, nicht berechtigt. Zurzeit registriere man einen Rückgang beim Abbau von Beschäftigung – obwohl die Zahl neuer Handwerksbetriebe deutlich zunehme. Insgesamt waren im Jahr 2004 rund 62 Prozent mehr Betriebe als im Vorjahr angemeldet worden. „Da ist etwas Neues entstanden“, so Paus. Offenbar bestätige sich der Trend, dass durch die Handwerksreform bisherige Schwarzarbeit legalisiert werde. Beim Umsatz musste das Handwerk im vergangenen Jahr insgesamt allerdings Einbußen hinnehmen.

Die Frage, wie viele Beschäftigungsverhältnisse durch die Neugründungen entstanden, konnte der Senat nicht beantworten: Solche Daten würden nicht erhoben. „Insgesamt hat aber auch im Jahr 2004 die Beschäftigtenzahl im Berliner Handwerk trotz des Gründungsbooms weiter abgenommen“, stellt Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) in der Antwort auf Paus’ Anfrage fest. Der Trend zu einer Verkleinerung der Betriebe im Handwerk habe sich weiter fortgesetzt. Ende 2004 hatten 71 Prozent der Betriebe weniger als 5 Beschäftigte, Ende 2003 waren es noch 67 Prozent.

Die Tendenz zu immer mehr Neugründungen hat auch im ersten Quartal 2005 angehalten. Bis Ende März sind rund 800 Neugründungen hinzugekommen. Etwa 80 Prozent der Gründer seien jedoch ohne fachspezifische oder kaufmännische Qualifikation, betont der Präsident der Berliner Handwerkskammer, Stephan Schwarz. Zu leiden habe die Branche auch unter dem Mangel an öffentlichen Investitionen. Seit 1995 seien die Ausgaben Berlins für Baumaßnahmen um mehr als 80 Prozent gesunken, so Schwarz. Im vergangenen Jahr seien Ausgaben von 290 Millionen Euro geplant gewesen. Nach diversen Umschichtungen seien davon aber lediglich 160 Millionen Euro ausgegeben worden. ROT