humaneres bleiberecht
: Früher wäre besser gewesen

Welche entwürdigenden Szenen hätte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) uns Berlinern nicht schon ersparen können? Bosnische Schülerinnen, die von der Polizei aus dem Schulunterricht gezerrt werden, weil sie abgeschoben werden sollen. Flüchtlingskinder, die vom Senat in das Heimatland ihrer Eltern zurückgeschickt werden, das sie gar nicht kennen. Menschen, die selbst entgegen der Empfehlung des Flüchtlingsrates abgeschoben werden. Körting, seit 2002 Innenminister der rot-roten Koalition, will nun, 2005, etwas dagegen unternehmen. Nächste Woche wird er seinen Innenministerkollegen endlich mal vorschlagen, eine humanere Bleiberechtsregelung für Familien zu erarbeiten. Die PDS hatte dies immer wieder angeregt, konnte bei Körting damit aber bislang nicht so recht landen.

KOMMENTAR VON ADRIENNE WOLTERSDORF

Selbst der nun vorliegende Antrag enthält noch genug Fallstricke. So soll Voraussetzung fürs Hierbleibendürfen sein, dass die Flüchtlingsfamilien ihren Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen – Schwierig, aber dennoch: eine lobenswerte Initiative. Die Richtung stimmt.

Doch das Lob ist schnell verblasst, wenn man an die politischen Mehrheitsverhältnisse im Bund denkt. Körting kann nicht ernsthaft damit rechnen, für diesen Vorschlag von den nunmehr elf schwarz dominierten Bundesländern Unterstützung zu erhalten. Was um Himmels willen soll das Ganze also? Will Körting damit lediglich guten Willen zeigen? Aktionismus? Ja, ist dieser Schritt nicht sogar für die Sache an sich gefährlich?

Die CDU-Kollegen werden aus taktischen Gründen ablehnen, unmöglich könnten sie es 2006 wieder auf die Tagesordnung setzen und für gut befinden. Die SPD hat in der Flüchtlingspolitik wertvolle Jahre verschlafen – das bleibt trauriger Fakt.