Frauen demonstrieren in Teheran

Teilnehmerinnen einer Protestveranstaltung fordern Gleichberechtigung und eine Änderung der Verfassung

BERLIN taz ■ Rund siebenhundert Frauen haben am Sonntag im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen bei einer Protestkundgebung vor der Teheraner Universität die Änderung der Verfassung und die Gleichberechtigung von Frauen und Männern gefordert. Die Versammlung wurde von fast siebzig unabhängigen Frauenverbänden und Organisationen, darunter auch von Frauengruppen aus dem kurdischen Teil Irans, getragen. Auffallend war, dass sich unter den Teilnehmerinnen auch Gruppen befanden, die sich als „Islamische Feministinnen“ bezeichneten.

„Die Zeit der Knechtschaft ist zu Ende, wir bauen eine neue Welt auf“, sangen die Frauen. Die Rednerinnen übten scharfe Kritik an der Verfassung, die Frauen nur als Mütter wahrnimmt und ihre Rechte als Staatsbürgerin ignoriert. Es sei eine merkwürdige Auffassung von Gerechtigkeit, wenn das Leben einer Frau halb so viel bewertet werde, wie das eines Mannes, sagte die Frauenaktivistin Marzieh Mortazi. „Diese Auffassung, die ihr uns als Gottes Gerechtigkeit aufzwingen wollt, ist erniedrigend und zynisch.“

Die Kurdin Roja Tolui kritisierte, dass die höchsten Ämter des Staates ausschließlich Männern vorbehalten seien. Der Gottesstaat habe Frauen von den wichtigsten politischen Entscheidungen ausgeschlossen. Frauen, die ethnischen Minderheiten angehörten, würden sogar doppelt benachteiligt.“

Die Kundgebung war nicht genehmigt. Die Polizei versuchte, die Frauen auseinander zu treiben. Doch die Teilnehmerinnen wehrten sich. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, einige Frauen wurden vorübergehend festgenommen. Dennoch wurde die Kundgebung bis zum Ende durchgeführt.

Demokratie sei ohne Freiheit und Gleichberechtigung nicht erreichbar, heißt es in der Abschlussresolution. Die Änderung der Verfassung sei die erste Forderung der Frauenbewegung, die sich nun formiert habe. Dies sei aber nicht das einzige Ziel. „Unsere Bewegung ist eine Kampfansage an alle traditionellen, frauenfeindlichen Gesetze und Normen, die sich im gesellschaftlichen und familiären Alltag etabliert haben.“

Die Resolution fordert die Aufhebung der Zwangsehe, Sorgerecht für Mütter, Verbot der Polygamie, harte Bestrafung von „Ehrenmorden“ und Gewalt in der Ehe. Die Frauen verlangen, dass die Verfassung mit der internationalen Konvention der Menschenrechte und der UN-Konvention gegen die ungleiche Behandlung von Frauen in Einklang gebracht werde. Sollten die Verantwortlichen diesen Forderungen kein Gehör schenken, werde die Bewegung „ihre zivilen und friedlichen Proteste“ fortsetzen. BAHMAN NIRUMAND