EU zufrieden, Opposition nicht

ALGERIEN Nach dem Sieg der Ex-Einheitspartei FLN sprechen Islamisten und andere von Betrug. Auch über die Wahlbeteiligung gibt es Streit

MADRID/ALGIER taz/afp | Im Gegensatz zur algerischen Opposition ist die EU mit dem Ablauf der Parlamentswahlen in dem nordafrikanischen Land zufrieden. EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sprach am Samstag von einem wichtigen „Schritt nach vorne“ für den Reformprozess in dem Land. Die 150 Wahlbeobachter der EU stellten bei der Abstimmung zwar einige Unregelmäßigkeiten fest. Das Wahlergebnis werde dadurch aber nicht infrage gestellt, erklärte Missionschef José Ignacio Salafranca. Demgegenüber warfen Vertreter der Opposition der seit 50 Jahren regierenden Nationalen Befreiungsfront (FLN) von Präsident Abdelasis Bouteflika Wahlbetrug vor.

Die Wahlsiegerin FLN erzielte 220 der 462 Parlamentssitze. Auf Platz zwei gelangte die ebenfalls an der Regierung beteiligte FLN-Abspaltung Nationaldemokratische Versammlung (RND) des bisherigen Premierministers Ahmed Oujahia. Sie wird mit 68 Vertretern ins Parlament einziehen.

Enttäuschend war der Urnengang für die islamistische „Allianz für ein grünes Algerien“. Das Dreiparteienbündnis um die MSP-Hamas, die bis März ebenfalls in der Regierung saß, hoffte wie die Islamisten in Tunesien, Marokko und Ägypten, die Wahlen zu gewinnen. Stattdessen gelangte die Allianz mit 48 Abgeordneten nur auf Platz drei.

Die trotzkistische Arbeiterpartei (PT), einzige Partei in Nordafrika, die mit Louisa Hanoune von einer Frau angeführt wird, schaffte es auf 20 Abgeordnete. Die sozialdemokratische Front der Sozialistischen Kräfte (FFS) erhielt 21 Mandate.

Offiziellen Angaben zufolge lag die Wahlbeteiligung bei 42,9 Prozent. Die Versammlung für Kultur und Demokratie (RCD), die die Wahlen boykottierte, gibt an, von kommunalen Wahlbehörden Informationen bekommen haben, nach denen die tatsächliche Beteiligung bei nur 18 Prozent gelegen haben soll. Die Urnen seien systematisch bereits vor der Abstimmung mit Stimmzetteln gefüllt worden, und nach der Schließung der Wahllokale seien zusätzliche Stimmen in die Urnen gelegt worden, beschwert sich die RCD. Tatsächlich berichtete die Presse am Wahltag von meist leeren Wahllokalen. Besonders auffällig war, dass so gut wie keine jungen Menschen ihre Stimmen abgaben. Die unter 35-Jährigen machen in Algerien zwei Drittel der Bevölkerung aus.Die „Allianz für ein grünes Algerien“ schreibt ihr schlechtes Abschneiden ebenfalls einem „massiven Wahlbetrug“ zu. R.W.

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