wortwechsel
: Klima-Clinch: Zu radikal? Zu unehrlich? Verwöhnt?

Letzte Generation gegen (grüne) Regierungsgeneration und das normale „bequeme“ Volk? Sinnvoller Streit? Sackgasse? Warum bleiben Klimaziele und Naturschutz auf der Strecke?

Hamburg, 25. März 2023. Insgesamt vier AktivistInnen der Letzten Generation klebten sich mit schnell bindendem Beton auf der Straße fest und blockierten so die Elbbrücken. An einem Samstag­vormittag Foto: Foto:  Jonas Walzberg/dpa

„Zurück in der Gegenwart. Erst geht der Klima-Volksentscheid in Berlin verloren, dann weicht die Bundesregierung ihre Klimapolitik auf“, wochentaz vom 1. 4. 23

Wer wird wie kämpfen?

Man kann Kersten Augustin für diese glasklare Analyse zur Situation der Klima­bewegung nur danken. Ein Schlüsselsatz seines Artikels zum gescheiterten Berliner Volksentscheid bringt es auf den Punkt: „Es reicht nicht, radikale Ziele für die Zukunft zu setzen, solange die Umsetzung in der Gegenwart unklar ist.“ Dabei stellt sich nicht nur die Frage nach dem Wie der Umsetzung, sondern auch nach dem „Wer wird es tun?“. In vielen Kommunalparlamenten sitzen Grüne, die seit den achtziger Jahren aktiv sind und mittlerweile das Rentenalter erreicht haben. Es werden also viele Listenplätze neu zu besetzen sein – für die aber häufig der Nachwuchs fehlt. Dabei sollte man nicht unterschätzen, welche Möglichkeiten die Kommunalparlamente bieten und was hier schon für den Klimaschutz erreicht wurde. Jochen Hinkelmann, Alzey

Sind Bürger zu schwach?

Nur weil nicht genug Menschen dem Volksentscheid zum Klimaschutz zustimmten, ist die Zielmarke 2030 nicht falsch, gegen die bis auf die Grünen alle Parteien mobil machten. Das Sektorziel im Verkehr ist ein tragender Brücken-Pfeiler im Klimaschutz, den die FDP gerade regelrecht in die Luft sprengte. Die größte Lüge der Politik im Klimaschutz ist, die mit dem Sektorziel einzusparende CO2-Lücke seit Jahren in die Zukunft zu verlagern. Genau mit dieser verlogenen Politik versuchte der Volksentscheid Schluss zu machen. Es müssten eigentlich gigantische Investitionen in den Ausbau der Bahn geben, aber die Politik ist schon damit überfordert, die ruinierte Infrastruktur der Bahn wieder in Schuss zu bringen. Fridays sei zu schwach, argumentiert der Autor, aber ist es nicht eher so, dass das Engagement der Bürger beim Klimaschutz viel zu schwach ist, weil sie gar nicht so genau wissen wollen, was rechtzeitiger Klimaschutz an Einschränkungen und Kosten für sie mit sich bringen würde, wenn die Politik mit dem Klimaschutz in allen Sektoren Ernst machen würde? Lindenberg auf taz.de

Die Klimabewegung versucht, die Politik endlich zum Handeln zu bewegen – mit Aktionen des zivilen Ungehorsams, mit Demonstrationen, mit Klagen. Was macht die Politik? Weicht das Wenige, was sie dann endlich mal in die Wege geleitet hat, bis zur Unkenntlichkeit auf. Was macht der Bürger? Gibt der Politik an der Wahlurne recht. Marmotte27 auf taz.de

Nicht nur Furcht allein …

„Die AktivistInnen der Letzten Generation sind mir viel zu religiös“,

wochentaz vom 8. 4. 23

Lieber Herr Kersten, als Psychologin und Psychotherapeutin habe ich beim Lesen Ihrer Kolumne gedacht: Vielleicht ist dieser Text auch Ausdruck einer von vielen psychologischen Mechanismen, die leider auch so gut bezüglich Klimakrise und Artensterben greifen: eine Variante der kognitiven Dissonanzreduktion – zum Beispiel andere „lustig“ und provokant abzuwerten, um die eigene Haltung und Lebensweise beibehalten zu können. Dazu nutzen Sie die Metaphern der Religiosität und des Doomismus. Beim jetzigen Pfad dürften nach aktuellen Klimaanalysen 2100 große Teile der Erde unbewohnbar werden. Also ja: Wir sind die letzte Generation, die katastrophale Erhitzungen noch verhindern kann. Und nein: Wir können nicht so weiterleben wie bisher. Doomismus? Tatsächlich weiß die Sozialpsychologie, das eine Furchtkommunikation durchaus hilfreich ist, und zwar deutlich! Bedingung: Es müssen auch Lösungsideen mit kommuniziert werden. Nun meine Frage an Sie: Wie sollen wir denn die Menschen und die Berufspolitik erreichen, damit sie endlich adäquat zu den Krisen handeln? In der Geschichte waren es immer ungemütliche Aktionen – anders funktioniert eine „Verstörung“ nicht (von Disruption spricht auch unser UN-Generalsekretär). Unser Lebensstil ist einer auf Kosten des Großteils dieser Erde. Über 80 Prozent der Menschen weltweit fliegen nicht! Wir, die wir das aber weiterhin tun, argumentieren mit Freiheit. Und nehmen dem „Rest“ der Welt damit am Ende die Freiheit, leben zu können. Zu Ende gedacht, ist das eigentlich eine unfassbare Ignoranz … in die wir alle (mehr oder minder) hineinsozialisiert wurden in unserer westlichen Welt. Anke Hofmann, Saasbach

Wir haben nur noch wenige Jahre, um das endgültige Kippen des Klimas zu verhindern; das ist ein wissenschaftlicher Fakt und daher gerade das Gegenteil von Religion. Natürlich kann man die Aktionen unter strategischen Gesichtspunkten kritisieren; dann sollte man aber Alternativen vorschlagen, nachdem ja die „braven“ Aktionen nichts gebracht haben. Jörg Wiedemann

„Ein Fluss klagt an“,

wochentaz vom 1. 4. 23

Toller Artikel! Macht nachdenklich, traurig, wütend, hilflos. Bitte mehr davon. Birgit Dieter auf taz.de

Das können sich auch nur BASF, Kali und Salz und Konsorten erlauben. Siehe Salz in der Werra. TCB262 auf taz.de

Wenn der Rhein mehr Wasser führt, nimmt der Fluss den an den Rändern liegenden Müll auch noch mit, für dessen Entsorgung nicht die Stadt, nicht das Land sondern der Bund zuständig wäre (Bundeswasserstraße). Dieses Zuständigkeitswirrwarr sorgt dafür, dass nicht entsorgter Plastikmüll im Rhein und irgendwann in der Nordsee landet. Ich finde, das ist einen Bericht in „unserer“ taz wert und würde auch die ehrenamtliche Arbeit des Vereins Krake in Zusammenarbeit mit der Uni Bonn würdigen, die eine „Müllfalle“ im Rhein betreiben. Bert Lahmann, Kölnx