wortwechsel: Diese Koalition schürt ein gefährliches Klima
Verhandlungsmarathon: Wer solche Koalitionspartner hat, braucht keine Feinde? Koalition einigt sich auf ein „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“
„Die Zwei-zu-eins-Koalition“,
taz vom 30. 3. 23
Nach 16 Jahren Stillstand
Wenn 70 Prozent der Bundesbürger den Heizungsplan von Robert Habeck ablehnen und 80 Prozent die Beseitigung von Engpassstellen bei Autobahnen befürworten, dann kann Politik nicht einfach die Positionen der Umweltverbände 1:1 übernehmen. Viele Bürger bejahen zwar den Umweltschutz, sobald es aber an ihren Geldbeutel oder die Bequemlichkeit geht, ändert sich die Haltung schnell. Und auch viele taz-LeserInnen dürften trotz sich zuspitzender Klimakrise weiter mit dem Flugzeug fliegen. Die Umweltverbände und Fridays for Future täten gut daran, sich nicht zuallererst an den Grünen abzuarbeiten. Habeck macht schon viel, um die grüne Blase zu verlassen. Und unter dem Strich haben die Grünen auch gegen den anhaltenden Widerstand ihrer Koalitionspartner schon viel für den Klimaschutz erreicht. Nach 16 Jahren Stillstand kommt jetzt der beschleunigte Ausbau Erneuerbarer Energien auch in den Kommunen an. Die Verpflichtung, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nach 2024 keine Heizungen mehr zu bauen, die sich nicht zu 65 Prozent aus erneuerbaren Energien speisen, ist ein riesiger Fortschritt, ebenso wie die Erhöhung der Lkw-Maut zugunsten von Investitionen in die marode Bahn. Noch mehr könnten die Grünen bewirken, wenn die Umweltbewegten aus ihrer „bubble“ heraus kommen und sich um Otto NormalverbraucherInnen kümmern würden. Roger Peltzer, Kerpen
Das Heizungsdilemma
Offensichtlich wird nicht bedacht, dass die gigantische Zahl von 4 Millionen Gas-Etagenheizungen aus technischen und juristischen Gründen gar nicht auf Wärmepumpen umzustellen sind! Was sollte eigentlich dagegen sprechen, hier künftig nur noch neue Gasthermen zuzulassen, die später auch mittels Wasserstoff betrieben werden können? Bei einem Strommix von knapp 50 Prozent an Erneuerbaren sind Wärmepumpen derzeit schließlich auch nicht zu 65 Prozent CO2-neutral! Friedrich Pusch, Wuppertal
Welche Auswahl getroffen wird, ist manchmal entlarvend: Die Berichterstattung zum missratenen Marathon des Koalitionsausschusses wird von einem Gruppenfoto der Grünen-Spitze begleitet. Warum wurde von den Fotos zu diesem Event, die sicherlich zu Hunderten zur Verfügung stehen, ausgerechnet eines ausgewählt, welches Ricarda Lang sehr unvorteilhaft darstellt? Ulrich Varwig, Duisburg
Verhandlungsschwach?
„Bankrotterklärung der Grünen“,
taz vom 30. 3. 23
Sehr geehrte Frau Krüger, vielen Dank für ihren Kommentar. Ich bin erfreut über die klaren Worte, welche man in Bezug auf die Grünen in der taz oft vermisst. Die Grünen haben ihre Ziele im Koalitionsausschuss verraten. Die Führungsriege der Grünen ist offensichtlich zu verhandlungsschwach. Ich schlage den Grünen vor, für ein Tempolimit von 250 km/h auf den Autobahnen und 150 km/h auf den Landstraßen zu kämpfen. Dann können sie wenigstens behaupten, sie hätten ein Tempolimit durchgesetzt. Oder sie fusionieren ehrlicherweise einfach mit der FDP. Elmar Hahn, Langen
Auch in diesem Kommentar gibt es meiner Meinung nach eine Grundtendenz, die Grünen für den Misserfolg in der Klimapolitik verantwortlich zu machen. Damit machen Sie es der FDP und vor allem der SPD zu einfach. In meiner Vorstellung von demokratischen Prozessen wäre es überraschend, wenn sich die Grünen mit ihren Positionen einfach durchgesetzt hätten. Als Alternative sehe ich nur die Blockade, die aber Angesichts des Status quo keine Verbesserung bringt. Die Sektorenziele werden ja auch aktuell schon ignoriert. Ich bin über die Ergebnisse des Koalitionsausschusses genauso verärgert wie Sie, aber ich würde mir wünschen, dass in der Berichterstattung klarer herausgearbeitet wird, dass die SPD (und die FDP sowieso) ihrer Verantwortung nicht gerecht wird. Torsten Wunderlich
Schönfärberei?
„Der sehr, sehr gute Kanzler spricht“,
taz vom 30. 3. 23
Beim Thema Klimaschutz sind die Grünen mehrfach gefoult worden. Erst von der FDP durch Kippen der vom Umweltministerium aushandelten EU-Beschlussvorlage zum Verbrenner-Aus in letzter Minute, durch Kubickis Putin-Vergleich – und jetzt auch noch durch die SPD, indem die Änderungsvorschläge der Grünen zur angeblich abgestimmten Beschlussvorlage des Kanzleramts ignoriert wurden. Der Ampel ist die Befindlichkeit der FDP offenbar wichtiger als der Klimaschutz. Dass sich die FDP mit ihren alternativen „Fakten“ durchgesetzt hat, ist eine Katastrophe. Weil der Verkehrsminister nicht bereit ist, das Klimaschutzgesetz umzusetzen, wird es mal eben in seinem Sinne geändert. Diese Manipulation am Klimaschutzgesetz untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat. Vom Tempolimit ist schon gar nicht mehr die Rede. Neue Autobahnen mit Photovoltaik zu garnieren, ist reine Symbolpolitik. Von einem Dreierbündnis kann man wirklich nicht mehr sprechen. Der Kanzler ist vom Schiedsrichter zum Gegenspieler der Grünen mutiert. Seine Schönfärberei bei der Fragestunde im Bundestag ist einfach unerträglich.
Eduard Belotti, Augsburg
„Normaler“ Lebensstil?
„Zu viel Knete killt das Klima“, wochentaz vom 25. 3. 23
Ich vermisse im Artikel die Erwähnung der „normal gut verdienenden“ Mittelschicht (und das sind nicht wenige in Deutschland und in der westlichen Welt). Wenn jemand – nicht nur rechnerisch sondern in echt – durch seinen Lebensstil circa 10 Tonnen CO2 im Jahr verursacht, ist das einfach zu viel. Da hat kein Reicher dran Schuld und auch nicht die Politik. Natürlich ist der Hyperkonsum der Reichen absurd! Aber das entbindet uns Normalos nicht von der täglichen Verantwortung und Anstrengung. Ich sehe leider trotz des ganzen Nachhaltigkeitsgeredes in Medien und Werbung keine wirkliche Umkehr. Name ist der Redaktion bekannt
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