DIE WERBEPAUSE: MCDONALD’S IM WAHLKAMPF

Deutschlandweit findet man über 1.300 Filialen der amerikanischen Fast-Food-Kette McDonald’s. Darin gibt es eine ungleich höhere Anzahl von roten Tabletts – mit einem Papier, welches den Besuchern die Nährwerte angibt und quasi beiläufig Werbung macht. Auf den Tablettsets kann man die lästigen Gurkenscheibchen auslagern oder eine Ketchup-Mayo-Mischung für die Fritten machen.

Seit dieser Woche hat McDonald’s dem Papier eine neue Bestimmung gegeben: Es wird ein Wahlschein. Denn McDonald’s Deutschland und der Fernsehsender RTL haben die Aktion „Du entscheidest“ ins Leben gerufen. Sie soll die Jungwähler, deren Teilnahme bisher prozentual immer noch am geringsten ist, da abholen, wo sie sitzen und die Wahlbeteiligung der Gruppe im Alter von 18 bis 25 Jahren erhöhen. Der Gedanke gut. Die Umsetzung nicht.

Sechs möglichst vorzeigbare Politiker, die ein gezwungenes Grinsen aufgesetzt haben, sind zu sehen. Ihre Körperhaltung soll jung und dynamisch wirken. Ist aber dank der Gesichtsausdrücke eher krampfhaft. Es scheint, als ob sie alle in einem Berliner Stadtbus sitzen und zusammen für mehr Wahlbeteiligung kämpfen. Schön. Hier fällt aber sogar dem ungeschulten Auge auf, dass es sich um eine miese Fotomontage handelt. Die Proportionen und Lichtverhältnisse stimmen hinten und vorne nicht – überall zwischen den Körpern blitzen esoterische Strahlen. Aus dieser Perspektive ist der Fernsehturm nicht zu sehen, eine so direkte Parkmöglichkeit vor dem Reichstag für Busse ist noch nicht mal Wahlkampfthema. Das hervorscheinende Licht erinnert an die Atombombe aus dem Film „The Day After“. Nicht unpassend. Was genau ist jetzt die„Message“, welche die Jungwähler-Kampagne vermitteln will? Da sind Dorothee Bär, 31, CSU, Sönke Rix, 33, SPD, Omid Nouripour, 34, Bündnis 90/Die Grünen, Philipp Mißfelder, 30, CDU, Michael Leutert, 35, Die Linke und Miriam Gruß, 33, FDP. Was wollen sie den Burger essenden Jungwählern überall in Deutschland sagen? In den Sprechblasen, die sogar farblich der Partei angepasst sind, steht … in welcher Partei sie Mitglied sind. Sehr aussagekräftig. Wenn man den Slogan „Du entscheidest“ einbezieht, fragt der Jungwähler sich doch: „Was denn?“ Vielleicht wer am schönsten lächelt? Wer das ordentlichste Outfit trägt? Wer die Lieblingsfarbe als Parteifarbe hat?ANNE-KATRIN TIESLER