Siehst du den Vogel dort fliegen?

Mit dem Raummuseum hat Bremen eine weitere viel versprechende Kulturstätte hinzu gewonnen. Kaum geht man hin, schon ist man drin

Bremen taz ■ Ganz oben flog ein Vogel. Die ausgestellten Skater boten allerhand atemberaubende Kunststücke dar, auch Hauptexponat Hochstraße beteiligte sich mit lautem Gebrumm. Mit derlei Attraktionen eröffnete gestern Nachmittag das Raummuseum auf dem Bahnhofplatz.

Träger der neuen Bremer Kultureinrichtung ist ein eingetragener Verein, der seinen Jahresetat von 4.000 Euro vor allem für Anstecknadeln und Briefpapier ausgibt. Schließlich muss – bei geschätzten 15.000 BesucherInnen täglich – auch für Button-gekennzeichnetes Aufsichtspersonal gesorgt sein.

Von solchem Publikumszuspruch kann Arie Hartog, Vorsitzender des Trägervereins, in seinem Zweitjob als Marckshaus-Kurator nur träumen. Entsprechend enthusiastisch klang gestern seine Eröffnungsrede: „Alles was Sie hier sehen, passiert ab jetzt im Raummuseum. Wir heißen alle Demonstranten und und Skateboarder herzlich willkommen.“ Bei freiem Eintritt würde ihnen nun die Gelegenheit geboten, den täglich durchmessenen Raum „neu zu erfahren“. „Kultur basiert auf Teilnahme – das aber ist etwas anders, als Eintritt zu bezahlen“, rief Hartog über den Platz, wodurch er Teil des ständig wechselnden Geräuschinventars seines Hauses wurde.

Wann aber ist geöffnet, das Aufsichtspersonal vor Ort? „Flexibel. Aber immer wieder“, erklärt der Vorsitzende. Stolz verweist er auf den aktuell aufgebauten Spielbereich für Kinder (in Gestalt eines Volleyball-Beachplatzes). Lediglich bei der Frage nach dem Museumsshop muss Hartog passen. „Aber wenn die Besucher sich ein Stückchen Asphalt mitnähmen, würden wir sie nicht stoppen.“

Die Idee des Raummuseums wurde in einem Kreis engagierter Laien und Fachleute entwickelt, der Kulturhauptstadt-Fonds hatte schon frühzeitig Interesse signalisiert und dem beantragten Zuschuss in voller Höhe statt gegeben. In Zukunft wird das Museum auch andernorts Filialen eröffnen – es „vermittelt leere und manipulierte Räume für eine jeweils kurze Dauer an ein Publikum“, heißt es programmatisch im Gründungsmanifest (www.raummuseum.de).

Nur der Bahnhofplatz soll permanent musealisiert sein. Allem Anschein nach haben sich die Vereinsaktivisten bereits an diesen Ort gewöhnt und Lieblingsexponate gekürt: „der Typ, der grad vorbei ging“ – „diese Luft“. Nur die vom Tivoli-Hochhaus abgeschraubte CocaCola-Werbung fand keine Beachtung.

Henning Bleyl

Der Verein sucht weiteres ehrenamtliches Aufsichtspersonal. Bewerbungen an Postfach 100 722 in 28007 Bremen