Die Odyssee

Von 1977 bis 1979 war Vera Stein, die in Wahrheit anders heißt, Patientin der Privatklinik Dr. Heines, Diagnose: Hebephrenie, eine Form von Schizophrenie. Ihr Vater hatte die damals Volljährige aus dem Hessischen nach Bremen gebracht, weil sie ihm zu aufmüpfig war. Ihr Martyrium in Bremen beschreibt sie in zwei Büchern („Menschenfalle Psychiatrie“ und „Abwesenheitswelten“): Sie sei unter dem Gelächter der Schwestern an die Heizung gefesselt worden, und als sie einmal fliehen wollte, brachte die Polizei sie in Handschellen in die Klinik zurück. Zudem bekam sie teilweise gewaltsam 17 verschiedene Sorten Psychopharmaka in sehr hohen Dosen verabreicht, darunter solche, die sie bei ihrer Vorerkrankung Kinderlähmung nie hätte bekommen dürfen. Nach zwei Jahren wird sie von Bremen nach Gießen verlegt – dank der Fürsorge der Familie einer Mitpatientin kann Vera Stein die Klinik verlassen. Später aber schafft sie es sogar, technische Zeichnerin zu lernen. Aber ihr Zustand verschlechtert sich stetig: Schmerzen, Müdigkeit, Bewegungsschwierigkeiten. Sie leidet unter dem Post-Poliomyelitis-Syndrom, den Folgen einer medikamentösen Fehlbehandlung nach Kinderlähmung. Heute sitzt Vera Stein im Rollstuhl. Sie klagt über starke Schmerzen, tags wie nachts. sgi