Der Stand der Dinge

Es heißt ja nicht umsonst Showgeschäft. Dass man auch was zu gucken bekommt für sein Geld.

Und da trennt sich schnell die Spreu vom Weizen bei der Sichtung der Performer, die wirklich ein so unverwechselbares Profil entwickelt haben, dass man damit sogar in den Plattenladen gehen könnte und dort die gewünschte Musik einfach mal mimisch nachstellen. Allzu viel Möglichkeiten hat man da nicht, weil es eben gar nicht so einfach ist, sich allein in der schieren Körperpräsenz ein unverwechselbares Markenzeichen im Popgeschäft zu verschaffen. Kann man schlicht durch Masse machen wie Meat Loaf oder Beth Ditto von Gossip. Und wenn man in die Hocke geht und über eine imaginäre Bühne watschelt, sollte man schon zu der Musik von Chuck Berry geführt werden, weil der Rock ’n’ Roller diesen Duckwalk schließlich erfunden hat. Den mächtig rotierenden Arm in einer schnellen Windmühlenbewegung: So hat sich der Who-Gitarrist Pete Townshend fest ins Popgedächtnis eingefräst. Und der Moonwalk, also dieses scheinbare Vorwärtslaufen, obwohl man sich rückwärts bewegt. Und dann noch ein schneller Griff in den Schritt. Natürlich Michael Jackson.

Das aber sind nun alles Bewegungsmuster. Auf eine Haltung allein eingefroren und dennoch sofort identifizierbar, das hat eigentlich nur Ian Anderson geschafft mit seinem Flamingo-Stand beim Flötenspiel. Ein wahrhaftes und längst ikonografisch gewordenes Alleinstellungsmerkmal. Als Schattenriss-Logo findet sich diese unverwechselbare Spielposition auf einem Bein auch auf dem aktuellen, im April erschienenen Album des Musikers, der vor allem als Vorstand der britischen Progrock-Band Jethro Tull bekannt geworden ist. Was er auch gar nicht verschweigen will. „Thick as a brick 2“ ist der Titel, als Intepret wird eben Jethro Tull’s Ian Anderson geführt, der damit eine Fortsetzung von dem akkurat vor 40 Jahren veröffentlichten Erfolgsalbum „Thick as a Brick“ von Jethro Tull liefert. Das kam damals mit einer Zeitung als Cover heraus, und so ist „Thick as a Brick 2“ konsequent im Look einer Netzzeitung verpackt. Als ein erster Blickfang, wie eben die Welt aktuell, 40 Jahre später, beschaffen ist.

Am Sonntag wird Ian Anderson mit Band im Tempodrom beide Alben präsentieren, zuerst „Thick as a Brick“ und dann die Fortsetzung, die wieder so ein gewiefter Progrock geworden ist mit Abstechern zum Jazz und Folk. Wie man das von Jethro Tull auch gewohnt ist. Man hört nur ein Schnipsel und erkennt sofort, von wem die ist.

Auch die Musik. Unverwechselbar. THOMAS MAUCH

■ Ian Anderson: Tempodrom, Sonntag, 20 Uhr