„Lafontaines Äußerung ist einfach daneben“

Auch in der PDS stößt Lafontaines Anti-„Fremdarbeiter“-Rede auf Empörung – Vizechefin Katja Kipping erklärt, warum

taz: Oskar Lafontaine warnt vor „Fremdarbeitern“, die mit ihren Billiglöhnen deutsche Bewerber verdrängen. Gruselt Ihnen vor Ihrem künftigen Fraktionschef im Bundestag?

Katja Kipping: Der Begriff „Fremdarbeiter“ ist einfach daneben. Wir haben immer gesagt, dass Oskar Lafontaine ein guter Sozialpolitiker ist. Wir haben bewusst nicht gesagt, dass er ein guter Innenpolitiker ist. Da sind wir völlig im Dissens. Aber die neue linke Fraktion wird in ihrem Namen zweimal das Wort „demokratisch“ tragen – und das nicht zum Spaß. Die Fraktion wird mit demokratischen Mehrheiten entscheiden.

Kann es Ziel des Linksbündnisses sein, den Nationalstaat gegen das internationale Kapital in Stellung zu bringen?

Lafontaines Staatsverständnis unterscheidet sich immerhin von Blut-und-Boden-Logik. Ihm ist wichtig, wo die Menschen tätig sind, nicht wo sie herkommen. Ihm geht es darum, Lohndumping zu verhindern. Wir als PDS haben immer deutlich gemacht: Lohndumping bekämpft man nicht mit ausländerfeindlichen Ressentiments, sondern mit gesetzlichem Mindestlohn.

Lafontaine verteidigt seine Äußerung. Können Sie eine Wiederholung verhindern?

Der Kampf gegen Rassismus ist ein zentraler Punkt der Vereinbarung zwischen PDS und WASG. Zwar ist klar, dass Lafontaine kein Mensch ist, der sich den Mund verbieten lässt. Aber das zukünftige WASG-Mitglied wird sich da wohl noch mit dem Programm seiner neuen Partei auseinander setzen müssen.

Ist Abgrenzung nach rechts nicht besonders wichtig, weil sich Rechte und Linke das Milieu der Protestwähler teilen?

Diese These finde ich ganz schwierig. Da ist man schnell bei der Gleichstellung von links und rechts und bei Verharmlosung der Singularität von Rechtsextremismus.

Sowohl NPD als auch PDS haben aber zuletzt sinngemäß „Quittung für Hartz IV“ plakatiert.

Die NPD hat bei vielen Parteien abgeschrieben. Aber es ist klar, dass das Wesen der NPD nicht Bildungs- und Sozialpolitik ist, sondern Geschichtsrevisionismus und faschistische Propaganda.

Werden Sie nun auf eine Protestkampagne verzichten?

Wir wollen im Wahlkampf konkrete Alternativen formulieren: Soziale Grundsicherung statt Hartz IV, ordentlich bezahlte Jugendsozialarbeiter statt Ein-Euro-Jobber. Einen reinen Protestwahlkampf wird es nicht geben.

INTERVIEW: KLAUS JANSEN