Auf der Geruchsspur des Biofilms

Bremer Wissenschaftler haben eine elektronische Nase entwickelt, die gefährliche Mikroorganismen erkennt. Anwendung finden soll sie etwa auf der internationalen Raumstation ISS – und in der Lebensmittelproduktion

Das Weltall. Unendliche Weiten, die erforscht sein wollen. Raketen werden gebaut, Menschen landen auf dem Mond. Doch die RaumfahrerInnen haben auch mit ganz banalen Problemen zu kämpfen: mit Schimmelpilzen und Bakterien. Die knabberten etwa Mitte der 90er-Jahre die Kabel der russischen Raumstation MIR an – weil niemand sie rechtzeitig entdeckte. Derlei Problemen wollen Bremer ForscherInnen künftig vorbeugen. Zusammen mit dem Zentrum für Umweltforschung und Umwelttechnologie (UFT) an der Bremer Uni hat die EADS Space Transportation GmbH jetzt eine „elektronische Nase“ entwickelt – die erschnüffelt, was noch niemand riechen kann.

„In einem U-Boot ist die Luft nach ein paar Tagen schon sehr schlecht. Da kann man sich ausmalen, wie es um eine Raumstation steht. Lüften kann man schließlich nicht“, beschreibt Frank Hoffmann von EADS das Problem. Die übelriechenden Folgen: Bakterien und Pilze bilden Biofilme auf den Wänden, den Kabeln und der technischen Ausstattung, greifen die empfindlichen Materialien an. Funktionsausfälle der Geräte können die Folge sein – und der Gesundheit der Besatzung sind massenhaft auftretende Sporen und Bakterien auch nicht gerade förderlich.

Die „elektronische Nase“ soll helfen, den Mikroorganismen in den Raumfähren auf die Spur zu kommen – um sie dann gezielt zu bekämpfen. Dafür muss der künstliche Schnüffler allerdings erst einmal kräftig geschult werden.

„Wir von EADS haben zwar die Ingenieure, uns fehlt aber das chemisch-biologische Know-How, das letztlich für die Anwendung nötig ist“, erklärt Hoffmann die Kooperation mit den Umweltforschern des UFT, das sich seit 1997 mit biologischen Verfahren rund um Mensch und Ökosystem beschäftigt. Die Wissenschaftlerinnen um den Mikrobiologen Jürgen Warrelmann haben eine ganze Palette von Schimmelpilz- und Bakterienkulturen angelegt, mit denen sie die verschiedenen Sensoren der „elektronischen Nase“ traktieren. Jeder der Sensoren reagiert auf bestimmte biochemische Substanzen, die von den Mikroorganismen ausgeschieden werden. Die Kombination daraus ergibt das spezifische Geruchsmuster – eine jahrelange Arbeit.

Zusätzlich untersuchten die UFT-ForscherInnen, wie sich die Mikroorganismen auf den Original-Werkstoffen der ISS nachweisen lassen. Inzwischen, sagt Warrelmann, arbeite die Nase so genau, dass sie schon geringe Mengen der antrainierten Geruchsmuster erkenne.

Der Raumfahrt soll die elektronische Nase ab nächstem Jahr dienen – an Bord des deutschen Moduls der internationalen Raumstation ISS, das die EADS gerade in Bremen baut und das 2006 an die Raumstation andocken soll.

In der bodengebundenen Industrie wird das elektronische Schnüffel-Gerät schon eingesetzt: Die Lebensmittelindustrie etwa nutzt die künstliche Nase, um Schimmelpilze in der Milchproduktion und bei der Lagerung von Nüssen aufzuspüren. Ab Herbst will das UFT untersuchen, ob auch Abwässer per Geruch auf ihre Qualität getestet werden können. Auch Anwendungen im Gesundheitswesen sind angedacht: gefährliche Bakterien in der Krankenhausluft könnten etwa schon im Anfangsstadium erkannt und gebannt werden, hofft Warrelmann. Auch Frank Hoffmann prophezeit der Computer-Nase eine große Zukunft: „Im Gegensatz zu einem Drogenhund hat sie nie Schnupfen.“

Tanja Krämer