Selbst etwas tun – für die Kinder

Seit 15 Jahren fördert der Elternverein Epsymo in Bremen-Blumenthal Kinder mit psychomotorischen Störungen und Behinderungen und kümmert sich um die Sorgen der Eltern. Ohne die Selbsthilfe wäre eine Frühförderung oft nicht möglich

Kaum ein Wort sprach Christian im Kindergarten. Mit gesenktem Kopf stand der heute Siebenjährige in der Ecke, die Arme vor der Brust verschränkt – „manchmal bis zu vier Stunden lang“, erinnert sich seine Mutter Regina Liebs. „Er konnte seinen Körper nicht einschätzen, Entfernungen nicht erkennen“, sagt sie. Motorische Störung und räumliche Wahrnehmungsstörung nennen das Experten. Nach einem Kindergartenwechsel erkannte eine Erzieherin die Probleme und riet zu Frühförderung. Christian erhielt eine Integrationshilfe im Kindergarten und einmalig Ergotherapie. Seitdem fördert der Elternverein für psychomotorische Entwicklungsförderung (Epsymo) in Lüssum in Bremen-Blumenthal das Kind.

Heute wäre es ungleich schwieriger für Christian, ähnliche Förderungen zu bekommen, meint Maren Maetze, Gründungsmitglied von Epsymo: „Die Ärzte stellen nicht mehr so viele Rezepte für Frühförderung aus. Auch Integrationshilfen im Kindergarten werden gekürzt“, sagt sie. Neue Richtlinien der gesetzlichen Krankenversicherungen verböten den Ärzten, Rezepte für Frühförderung auszustellen, wenn keine konkreten Krankheitsbilder vorlägen, erklärt Günter Scherer von der Kassenärztlichen Vereinigung. Für die Finanzierung anderer Frühförderung seien die Kassen und das Land Bremen zuständig; sie befänden sich in Verhandlungen. Anders als Maetze findet Jörn Hons von der AOK, dass die 9,81 Euro, die ein Arzt pro Quartal und Kind für Heilhilfen wie etwa Ergotherapie ausgeben dürfe, durchaus ausreichten. Er bemängelt, dass sich die Schulen aus der Frühförderung zurückzögen.

Maetze kritisiert diese Entwicklungen als kurzsichtig: „Wenn bei der Frühförderung gespart wird, verfestigen sich die Probleme. Spätere Therapien sind dann Schwerstarbeit – und teurer“, sagt sie.

Epsymo versucht dem entgegenzuwirken. Der Verein bietet gegen ein geringes Entgeld regelmäßige Fördergruppen für Kinder zwischen drei und zwölf Jahren an. Maximal fünf Kinder arbeiten dort mit Ergotherapeuten und anderen Fachleuten an ihren Schwächen. Epsymo finanziert sich größtenteils durch Spenden und Mitgliedsbeiträge. Etwa 15 Prozent des Jahresetats von 75.000 Euro steuert das Sozialressort bei. Arbeiten wie Bürodienst oder Öffentlichkeitsarbeit machen die über hundert Vereinsmitglieder selbst. So bleibt mehr Geld für die Förderkurse.

„Wichtig ist uns, dass die Kinder Selbstbewusstsein entwickeln“, sagt Maetze. Denn Kinder, die Probleme mit Bewegung, Sprache oder Verhalten haben, Behinderungen aufweisen oder von solchen bedroht sind, haben häufig mit Schwierigkeiten wie Leistungsdruck oder Ausgrenzung zu kämpfen

Die Kinder sind nicht die Einzigen, die Zuspruch benötigen: „Auch die Eltern werden schnell ausgegrenzt, wenn das Kind negativ auffällt, wenn es tolpatschig ist oder aggressiv“, sagt Regina Liebs. Für Sorgen und Fragen hätten Ärzte und Therapeuten zudem kaum Zeit. „Immer wartete schon das nächste Kind“, erinnert sie sich. Bei Epsymo hingegen habe man Zeit für Fragen. Es gibt Einzelgespräche mit Fachkräften und Erfahrungsaustausch unter Gleichgesinnten, zudem Infoabende und Vermittlung an geschultes Fachpersonal.

Davon profitierte auch Regina Liebs. Sie ist glücklich über die Fortschritte ihres Sohnes Christian. Inzwischen melde sich der Schüler im Unterricht, knüpfe Kontakte, mache aktiv beim Schulsport mit. Liebs: „ Damit hätte ich vor drei Jahren nicht gerechnet.“ Tanja Krämer