Abgrund Alltag

In „25 Watts“, einem Regiedebüt aus Uruguay, sind die Menschen maulfaul und ihre Beziehungen vertrackt

25-Watt-Glühbirnen sind schwache Funzeln – der ideale Running Gag also für einen Film, in dem drei Freunde sich die Langeweile vertreiben. Javi und Seba hängen an der immer gleichen Straßenecke rum, warten auf ihren Kumpel Leche, kicken mit der Glühbirne und finden sich gegenseitig typisch 25 Watt.

„25 Watts“ zeigt einen Tag und eine Nacht im Leben dreier freundlicher Hänger. Hinter der pubertären Albernheit scheint das Talent zum existenzialistischen Clown auf. Das Regie-Duo Juan Pablo Rebella und Pablo Stoll beweist zurzeit im Kino auch mit der Komödie „Whisky“ Sinn für maulfaule Protagonisten, knappe Milieuzeichnung und vertrackte Beziehungen.

In „Whisky“ bringen Rebella und Stoll zwei alternde Söhne der jüdischen Exilantengeneration mit einer tatkräftigen Frau gleichen Alters zusammen. Während einer Reise, auf der einer der Brüder die Arbeiterin aus seiner Strumpffabrik als seine Gattin ausgibt, wird aus dem Täuschungsmanöver eine angedeutete Ménage à trois.

Den kaum dreißig Jahre alten Regisseuren war mit „Whisky“ 2004 eine reife Leistung geglückt. Ihrem Debüt „25 Watts“ (2001) sieht man an, dass sie in ihrer seltsam schläfrigen Heimatstadt Montevideo gut geerdet sind. Beide haben dort Medienwissenschaft studiert und seit 1995 Kurzfilme gedreht. In ihrem ersten größeren Film schicken sie die Freunde Leche (Daniel Hendler), Javi (Jorge Temponi) und Sebe (Alfonso Tort) ins Chaos. Mit dem Elan von Filmcracks bringen sie kleine Hommagen an ihre Lieblingsklassiker unter. Schwarzweiß ist „25 Watts“ wie die frühen Nouvelle-Vague-Filme, die auch die Straße als Filmschauplatz entdeckten. In ausgiebigen Parallelfahrten lassen Rebella und Stoll die drei als einsame Poseure an verriegelten Häuserfronten entlangschlendern. Lange Autofahrten bringen wie in „Whisky“ befreiende Bewegung in die wiederkehrenden In-Jokes. Javi nutzt seinen verhassten Job als Fahrer eines mit Lautsprechern ausgestatteten Werbeautos zu langen Touren durch die Stadt; gelassen großspurig gefilmt sieht das aus, als sei hier einer der souveräne Driver. Doch später trägt ihm der Ausflug Prügel vom Dumpfbackensohn seines Chefs ein.

Der Film führt die Wahrheit vor; dass einer, der in Hundescheiße tritt, für den Rest des Films mit Unglück rechnen muss. Der verliebte Leche versucht, sich an seine Italienischlehrerin heranzutelefonieren und übt sein Mantra „Io sono, tu sei, lui è“. Seba bekommt es mit den Kumpels seines einsitzenden Bruders zu tun.

Ferner spielen mit: sehr viele Zigaretten, ein liebeskranker Pornovideo-Verleiher, ein Hundebaby und ein putziger Hamster. Mit seinem Betreuer Javi teilt er die Hundekuchenleckerli, bis er aus Gründen scheiternder Liebe zu Javis spröder Exfreundin Maria zurückgeliefert wird. Schön geschmacklos die Szenen, wenn Seba einen schwedischen Porno ausleiht und erwartungsvoll auf den Fernseher starrt. Was sieht er da? Was die Zuschauer sehen würden, wenn sie in derselben Stimmung in den Spiegel sähen: Seba glotzt einen direkt von der Leinwand herunter an.

CLAUDIA LENSSEN

„25 Watts“, Regie: Juan Pablo Rebella, Pablo Stoll. Mit Daniel Hendler, Alfonso Tort u. a., Uruguay 2001, 92 Min., Termine im Programm