Harter Kampf um weiche Sessel

Zwei Parteien wählen ihre Kandidaten für die Bundestagswahlen. Hauen und Stechen bei den Grünen, Langeweile bei der FDP. Die linke WASG verzichtet vorerst auf eine Listenaufstellung

VON FELIX LEE
UND MATTHIAS LOHRE

Bei vielen war der Sommerurlaub gebucht, lange bevor Bundeskanzler Schröder vorgezogene Bundestagswahlen angekündigt hat. Daher müssen die Genossen beziehungsweise Parteifreunde kurz vor Ferienbeginn noch einmal mächtig auf die Tube drücken. Gleich drei Parteien werden sich an diesem Wochenende zu ihren Landesparteitagen treffen. Sowohl bei der FDP als auch bei den Grünen steht ganz oben auf der Tagesordnung: die Kür der Landeslistenkandidaten. Die linke Wahlalternative (WASG) muss sich zunächst noch formieren.

Da sind zunächst einmal die Grünen: Unumstritten steht die noch amtierende Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast auf Grünen-Listenplatz Nummer 1. Schwierig hingegen wird es bereits bei Platz 2. Denn auf dem für Männer reservierten Platz drängeln sich gleich drei Bewerber: der bisherige Mandatsinhaber Werner Schulz, Exjustizsenator Wolfgang Wieland und Neuberliner Marek Dutschke. Die Kandidatur des 25-jährigen Sohns von Rudi Dutschke hat den Landesverband verblüfft. Nicht einmal Fraktionschefin Sibyll Klotz hatte bis dato die Ehre, ihren Parteifreund persönlich kennen zu lernen.

Dieses Problem kennt Wolfgang Wieland nicht, 2001 auch mal Justizsenator im rot-grünen Übergangssenat. Doch seit seiner erfolglosen Kandidatur für den brandenburgischen Landtag vor einem Jahr ist der 57-Jährige ein „Politrentner“ ohne Mandat. Mit 55 Jahren wenig jünger ist Werner Schulz, der seit 2002 für die Grünen im Bundestag sitzt.

Die Erfolgschancen der drei Konkurrenten lassen sich nur schwer einschätzen. Die Mitgliedervollversammlung, die am Sonntag über die KandidatInnen abstimmt, war bereits vor drei Jahren für Überraschungen gut. Damals gewann Schulz die Mehrheit der Wählenden für sich, obwohl zuvor die Wahl von Christian Ströbele als sicher gegolten hatte. Der kämpfte daraufhin als Direktkandidat im Wahlbezirk Friedrichshain-Kreuzberg – und gewann das erste grüne Direktmandat. Diesmal will der 66-Jährige es erneut ohne Absicherung über die Landesliste schaffen.

Auf Landeslistenplatz 3 steht Sibyll Klotz (44), seit 14 Jahren im Abgeordnetenhaus. Ihren Einzug in den Bundestag könnte nur ein schlechtes Wahlergebnis der Grünen und der Sieg von Christian Ströbele verhindern. In diesem Fall nämlich rückte Klotz auf den unsicheren 4. Platz.

Probleme, von denen die WASG nur träumen kann. Denn die Linksabweichler müssen sich zunächst einmal als Landesverband konstituieren. Das dauert. Und deswegen hat der kommissarische Landesvorstand gleich zwei Tage für den einen Parteitag anberaumt. Haben sie diese Hürde erst einmal überwunden, wird es am Sonntag um die höchst umstrittene Frage gehen, wie sie zum Vorschlag ihres Bundesvorstands stehen, bei den Bundestagswahlen auf einer offenen Liste der PDS anzutreten. „Demokratische Linke.PDS“ heißt der aktuelle Vorschlag. Was so einigen Bauchschmerzen machen dürfte, sind es in Berlin doch viele Genossen, die gerade wegen der ihrer Meinung nach neoliberalen Ausrichtung der Hauptstadt-PDS zur WASG gekommen sind. Auf die Aufstellung einer Liste mit eigenen Kandidaten muss die WASG zunächst verzichten. Wollen nämlich WASG-ler doch noch auf offenen Listen der PDS antreten, könnte der Landeswahlleiter dies als unzulässige Listenverbindung zurückweisen. Aber die Berliner PDS hat ohnehin alle aussichtsreichen Plätze bereits mit ihren Leutchen besetzt.

Gemächlicher wird es am Sonntag nur bei der Berliner FDP zugehen. Die Liberalen wissen, dass sie so gut wie keine Aussichten auf ein Direktmandat in Berlin haben. Wohl nur zwei Parteimitglieder werden über die Landesliste in den Bundestag einziehen, oder besser: dort bleiben.

Auf Platz eins steht der Landesvorsitzende Markus Löning, bereits Bundestagsabgeordneter und entwicklungspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Sein Abgeordnetenkollege Hellmut Königshaus besetzt unangefochten Platz 2. Der 54-Jährige ist in den vergangenen Monaten als Obmann im Visa-Ausschuss bekannt geworden. Die Chancen auf einen dritten FDPler im Bundestag sieht selbst Landesgeschäftsführer Horst Krumpen skeptisch: „Da müssten wir wohl, gelinde gesagt, hart kämpfen.“