Neue Grenzwerte gefordert

Die Luftbelastung durch Feinstaub liegt derzeit innerhalb der EU-Limits. Kein Grund zur Freude, findet das Umweltbundesamt, denn diese seien veraltet

Es klingt nach einer guten Nachricht: Die Luftqualität in Deutschland hat sich im vergangenen Jahr verbessert. Die EU-Grenzwerte für die Feinstaubkonzentration wurden 2022 das fünfte Jahr in Folge nicht überschritten, die für Stickstoffdioxid lagen nur an zwei verkehrsnahen Messstationen in München und in Essen darüber.

Das teilte das Umweltbundesamt (UBA) am Montag mit. UBA-Präsident Dirk Messner selbst fand die Nachricht nicht ganz so gut – und stellte die Vorgaben infrage.

Feinstaub ist krebserregend und umso gefährlicher, je kleiner die Partikel sind – kleinste Teilchen können am tiefsten in die letzten Verästelungen der Lunge vordringen. Für die größeren Partikel PM10 ist ein Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft erlaubt, bei den kleineren PM2,5 sind es 25 Mikrogramm. Bei Stickoxiden, die ein Vorläufer von Feinstaub und selbst atemwegsreizend sind, beträgt der Grenzwert 40 Mikrogramm

Diese Grenzwerte seien aber vor mehr als 20 Jahren festgelegt worden und entsprächen nicht den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen, so Messner. Das wisse auch die EU-Kommission. In ihrem Entwurf für eine neue Luftqualitätsrichtlinie orientiere sie sich deshalb an den Richtwerten der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Diese empfiehlt, nicht mehr als 10 Mikrogramm PM10, höchstens 5 Mikrogramm PM2,5 und unter 10 Mikrogramm Stickstoffoxide pro Kubikmeter.

Das UBA wertete die Daten von rund 500 Messstationen aus. 42 Prozent der Stationen lagen bei der PM10-Belastung über den Empfehlungen der WHO, bei PM2,5 waren es fast alle. Bei Stickstoffdioxid hätten rund drei Viertel der Messstationen, vor allem in städtischen Gebieten, die WHO-Empfehlungen nicht eingehalten.

Die „dauerhaft zu hohen Feinstaubkonzentrationen“ führten zu zahlreichen vorzeitigen Todesfällen – „etwa 28.000 in Deutschland und etwa 238.000 in der EU“, erklärte Messner.

Feinstaub entsteht in Ballungsräumen im Straßenverkehr durch Auspuffgase sowie Bremsen- und Reifenabrieb, außerdem durch Öfen und Heizungen, Kraft- und Fernheizwerke und die Stahlerzeugung. Auch die Tierhaltung trägt mit Ammoniakemissionen zur Feinstaubbildung bei. (afp, taz)