Rot-Grün siegt bei Eliteunis

Trotz des beginnenden Wahlkampfs stimmen die unionsgeführten Länder dem Programm für Spitzenforschung zu. Bislang hatten sie das Fördergeld abgelehnt

BERLIN taz ■ Ist das wirklich Thomas Goppel? Der Wissenschaftsminister Bayerns und frühere CSU-Generalsekretär, der sich einen soliden Ruf als gefährlicher Wadlbeißer erworben hat? Thomas Goppel also äußerte sich gefällig über seine Berliner Kollegin von der SPD. „Frau Bundesministerin Bulmahn danke ich sehr für die konstruktive Zusammenarbeit von Bund und Ländern“, charmierte der CSU-Mann. Er beugte sich sogar hinüber zu Bulmahn, so dass nicht viel fehlte zu einer Berührung zwischen den Unberührbaren.

Die Sympathiedusche für Edelgard Bulmahn ist ein Symbol dafür, dass Außergewöhnliches geschehen sein muss zwischen den Wissenschaftsantipoden von Bund und Ländern, von Union und SPD. Das Programm für Eliteunis, von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vor eineinhalb Jahren als Idee lanciert, ist fast durch. Nur eine Runde muss der 1,9 Milliarden Euro schwere Sonderzuschuss für Topunis auf der Ministerpräsidentenkonferenz in der kommenden Woche noch überstehe. Dann ist gelungen, was zwischendurch niemand für möglich hielt: Dass die besten Forscher an den deutschen Hochschulen von der Politik mit einem Extrabonus honoriert werden.

In einem gemeinsamen Appell, das Programm nicht wieder zu blockieren, wandten sich gestern parteiübergreifend die Sprecher der Wissenschaftsminister an die Ministerpräsidenten der Länder. „Wir bitten nun die Regierungschefs des Bundes und der Länder, diesem Entwurf zuzustimmen“, warb der Bayer Goppel.

Das Eliteprogramm soll kommendes Jahr starten. Es hat drei Säulen. Erstens sollen exzellente Doktorschulen an 40 Hochschulen mit je einer Million Euro gefördert werden. Dadurch, so sagte Baden-Württembergs Wissenschaftsminister Peter Frankenberg der taz, sollen Nachwuchswissenschaftler auf eine neuartige Form an den Doktortitel herangeführt werden.

Zweitens stehen weitere 195 Millionen Euro jährlich für so genannte Exzellenzcluster zur Verfügung. Das Geld ist für gemeinsame Forschungsprojekte von universitären und außeruniversitären Wissenschaftlern bestimmt. Damit soll ein großes Manko der deutschen Forschungslandschaft ausgeglichen werden.

Die wichtigste Säule aber ist die dritte. Um die Förderung für ganze Universitäten, eben die „Eliteunis“, focht Edelgard Bulmahn seit eineinhalb Jahren mit allen Mitteln. Jedes Jahr haben zehn Hochschulen die Chance, rund 140 Millionen Euro zusätzlich einzuwerben. Sie sollen die Mittel, wie es etwas verquast heißt, „in Zukunftskonzepte zum projektbezogenen Ausbau der universitären Spitzenforschung“ investieren. Auf deutsch: Spitzenunis haben erstmals die Chance, frisches Geld in jene Forschungsfelder zu pumpen, die dadurch für die kreativsten Köpfe der Welt interessant werden können.

Kurioserweise wird das Eliteprogramm nun zu einem Zeitpunkt aufgerichtet, da die rot-grüne Regierung ihre Zelte in Berlin abbricht. Die Frage ist also: Was würde ein von Angela Merkel geführtes Kabinett mit dem elitären Zuschuss machen? Annette Schavan, die wahrscheinliche Bildungsministerin der Union, orakelte schon mal: „Wenn wir es nicht gewollt hätten, dann hätten wir uns jetzt komplizierter angestellt.“ Das konnte man angesichts der vorherrschenden Unbestimmtheit der Union geradezu ein Wahlversprechen nennen.

Bayerns Thomas Goppel jedenfalls fand bei dieser Frage zu altbekanntem Kämpfertum zurück: „Alle, die jetzt für das elitäre Programm im Feuer stehen, werden im Herbst wieder ins Feuer gehen.“ CHRISTIAN FÜLLER

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