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Colonia Dignidad: die Opfer warten

„Gedenkstätte Colonia Dignidad: Symbolische Entschlossenheit“, taz vom 31. 1. 23

Erst massiver Druck aus dem Bundestag brachte das Auswärtige Amt dazu, einen Hilfsfonds für die deutschen und chilenischen Opfer der Schäfer-Sekte einzurichten. Dann wurde trotz erprobter Alternativen ein umständliches Verfahren praktiziert, das alles andere als schnell und unbürokratisch war, wie vom Auswärtigen Amt versprochen. Jetzt, mehr als 5 Jahre nach dem Bundestagsbeschluss, warten von den circa 220 Personen, die Anträge gestellt haben, immer noch 60 Personen auf die maximal 10.000 Euro, die auch noch in zwei Verfahren beantragt werden müssen. Das ist im Übrigen ausgesprochen wenig Geld für die mittlerweile sehr alten und in prekären Verhältnissen Lebenden, die zum Teil 40 Jahre und mehr in der Sekte Zwangsarbeit leisten mussten. Das 2017 formulierte Ziel, die strafrechtlich Verantwortlichen ihrer gerechten Strafe zuzuführen, ist unter anderem daran gescheitert, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf 2018 entschied, dass das in Chile gegen den „Außenminister“ der Sekte ergangene Urteil (fünf Jahre und ein Tag Haft) in Deutschland nicht vollstreckt werden dürfe. Andere strafrechtliche Verfahren wurden von deutschen Staatsanwaltschaften eingestellt. Die 2017 beschlossene Begegnungs- und Erinnerungsstätte hätte das Auswärtige Amt schon längst auf den Weg bringen können. Der chilenische Geheimdienst hat in der Colonia Dignidad chilenische politische Gefangene gefoltert und ermordet. Verschiedene Vorschläge unserer Not- und Interessengemeinschaft, mit kleinen konkreten Schritten auf dem Gelände der heutigen Villa Baviera an die Verbrechen des chilenischen Geheimdienstes zu erinnern, wurden ignoriert. Nun soll es, im 50. Jahr nach dem Pinochet-Putsch in Chile, endlich mit der Begegnungs- und Gedenkstätte weitergehen. Jürgen Karwelat, Not- und Interessengemeinschaft für die Geschädigten der Colonia Dignidad

Der nationalistische Aufstieg der AfD

„10 Jahre AfD: Von Blau zu Braun“, wochentaz vom 4. 2. 23

Glückwunsch zu diesem erstklassig recherchierten Beitrag. Sie zeigen die Partei genau so, wie sie ist: kleinbürgerlich, nationalistisch, faschistoid und antisemitisch. Etwas schwach beleuchtet ist hingegen der Ansatz der Gründungszeit, der sich gegen den Euro richtete. Immerhin wagte man damals wenigstens den Gedanken, ob die – zwischenzeitlich verstetigte – Rettung des Euro tatsächlich alternativlos sei. Tempi passati angesichts des rechten Sauhaufens, zu dem die Partei heute geworden ist. Fabian Hüther, Berlin

Diese unschuldigen alten Herren

„Politisches Hochdruckgebiet über den USA“, taz vom 6. 2. 23

Xi Jinping und Joe Biden schauen immer so unschuldig aus der Wäsche, als ob sie wirklich kein Wässerchen trüben könnten. Jeder dieser beiden alten Herren regiert eine Weltmacht, aber trotz ihres Alters geben sie sich anders, als sie wirken. Für mich warten diese Aggressoren nur auf den richtigen Moment … und schon hat’s peng gemacht, und der chinesische Wetter- oder Spionageballon, der angeblich die USA bedroht haben soll, ward abgeknallt. Riggi Schwarz, Büchenbach

Jubiläum: 200 Panzerfotografien!

Herzlichen Glückwunsch, taz! Ihr werdet in naher Zukunft ein Jubiläum feiern: 200 Panzerfotografien. Meist vorteilhaft abgelichtet in Aktion, mit kleinen Politikern oder mit Kriegshelden. Bevor ihr nun in fortgesetzter Konsequenz über weitere Panzerhilfen nachdenkt, möchte ich folgenden sehr ernsthaften Vorschlag machen: Auf der ersten Seite werden die Namen von ukrainischen und russischen Toten gedruckt (oder Bilder ihrer Särge, Grabsteine). Kommentarlos, also ohne Zusatztext! Ohne Flaggen. Und ihr seid auf die Reaktionen vorbereitet mit grundlegenden Artikeln: Leben und Sterben, Befehl und Gehorsam, Motivation zum Töten, Bereitschaft, getötet zu werden. Wie verhält der Soldat sich mit fortschreitender Dauer des Krieges? Name ist der Redaktion bekannt