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Wenn ein Plüsch-Schaf auf Reise gehen soll

Zwei Wäschekörbe voll mit Stofftieren hat die Tochter inzwischen, jetzt wird vorsichtig aussortiert. Zehn einst geliebte Wesen, vom Frosch mit Kulleraugen über einen lustigen Riesenhasen bis zur Handpuppe in Schafform, müssen gehen. Sie landen in einem Karton vor dem Haus mit der Aufschrift: „Suchen neues Zuhause“. Keine drei Stunden später sind alle weg. Bis auf das – wirklich sehr süße – Schaf, das wir vor langer Zeit selbst von einer Straße in Prenzlauer Berg gerettet hatten. Ausgerechnet.

Ich nehme das arme Tierchen mit auf den Weg zur nachmittäglichen Verabredung. In der U-Bahn schließt es schnell Freundschaft mit einer Zweijährigen, die gerade noch weinte. Über das ganze Gesicht strahlend lacht das Kind die Handpuppe an und legt dafür sogar ihren Plüschbären zur Seite. Ich traue mich trotzdem nicht, ihr das Schaf zu schenken, warum auch immer. Und die Tochter eines Freundes, die ich später treffe, will das Tier nicht haben, was ich nicht verstehen kann.

So landet das wirklich süße Schaf am Abend sogar im Theater, wo es etwas deplaziert wirkt, und anschließend wieder bei uns in der Wohnung. Vielleicht, so denke ich bei mir, soll es einfach hier bleiben. Auch wenn es nur ein Spielzeug ist.

Berlin-Prenzlauer Berg

165.000 Ein­wohner*innen,

einst Hort der Gentrifizierung, inzwischen allgegenwärtiger Basar von überflüssigem Eigentum, das – brauchbar oder nicht – vor die Haustür gestellt wird.

Bert Schulz