Nur ein „Nein“ für Schwarz-Gelb

Christ- und Freidemokraten winken den NRW-Koalitionsvertrag auf Sonderparteitagen durch. Kaum Widerspruch, nur eine Gegenstimme. Lieber spekulierten die Delegierten über Regierungsposten

AUS DÜSSELDORFMARTIN TEIGELER

Ein letztes Mal durfte CDU-Chef Jürgen Rüttgers am Samstag in Düsseldorf den coolen Wahlsieger geben. Während die 670 Delegierten in der klimatisierten Stadthalle stehende Ovationen darboten, marschierte der künftige Ministerpräsident zu elegischer Popmusik in den Saal ein. Vier Wochen nach dem Wahlsieg über Rot-Grün feierten die Konservativen die Beendigung ihrer langen Oppositionszeit mit dem mittlerweile sattsam bekannten Dauergrinsen auf den Gesichtern. „Es ist zwar schon sieben Mal gesagt worden, aber ich sage es noch zum achten Mal: Wir haben die Landtagswahlen gewonnen“, rief Rüttgers der hocherfreuten Parteibasis zu. Zur Belohnung winkten die versammelten Christdemokraten den beschlossenen Koalitionsvertrag bei nur einer Gegenstimme durch.

Berliner Parteiprominenz boten die Christdemokraten drei Monate vor der wahrscheinlichen Bundestagswahl seltsamerweise nicht auf. Doch die NRW-CDU war sich an diesem schönen Sommertag selbst genug. Kein Wort mehr von vergangenen Machtkämpfen, kein böses Wort trübte den Verlauf des Konvents. Rüttgers rief seine Partei zu einem energischen Wahlkampf für Kanzlerkandidatin Angela Merkel auf. „Angela Merkel hat Anspruch darauf, dass wir sie unterstützen, dass wir ihr helfen“, so der Vizechef der Bundespartei.

Angesichts von mehr als 110 Milliarden Euro Landesschulden werde jeder Opfer bringen müssen, bekräftigte Rüttgers auf dem ersten Sonderparteitag in der Geschichte der NRW-CDU. „Es kann nicht mehr das Wünschbare gemacht werden, sondern nur noch das Notwendige.“ Eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten Monate sei es, privates Kapital für politische Aufgaben zu gewinnen. „Ohne den Aufbau von neuem politischen Kapital kann keine Regierung auf Dauer erfolgreich sein.“ Die künftige Wirtschaftsministerin Christa Thoben ermahnte die Delegierten ebenfalls vor zu großen Erwartungen: „Wir sind arm wie die Kirchenmäuse.“ Der designierte Finanzminister Helmut Linssen kündigte drastische Sparmaßnahmen im Landeshaushalt an.

In der Aussprache gab es kaum kritische Töne. Ein Delegierter aus Euskirchen bemängelte die Einführung des Zweitstimmenwahlrechts in NRW: „Das ist der Rettungsanker für die FDP.“ Eine Delegierte kritisierte, dass Bafög-Empfänger keine Studiengebühren zahlen sollen: „Das ist nicht gerecht.“ Weil es auch keinen einzigen schriftlichen Änderungsantrag gab, tuschelten die Delegierten auf den Gängen lieber über künftige Regierungsposten. Der Gelsenkirchener Ex-Oberbürgermeister Oliver Wittke werde Bau- und Verkehrsminister, waren sich Christdemokraten aus dem Ruhrgebiet sicher. Die bei der Wahl zur Landtagspräsidentin übergangene Marie-Luise Fasse bekomme wohl zur Entschädigung eines der „Gedöns“-Ministerien, hieß es. Der Name Helmut Stahl wurde gleich doppelt gehandelt: als Staatskanzlei- und Fraktionschef. Und für den Posten der Regierungssprecherin sei angeblich die bisherige Pressedame der Landespartei, Manuela Scharfenberg, im Gespräch. Zunächst einmal muss Jürgen Rüttgers aber am Mittwoch erst vom Landtag zum Ministerpräsidenten gewählt werden.

Fast in Rekordzeit wurden die Vereinbarungen vor den rund 400 FDP-Delegierten beim Sonderparteitag am Samstag in Dortmund beworben, gelobt und einstimmig abgesegnet. Nicht einmal die Jung-Liberalen warfen ein Haar in die Suppe. „Wir sind mit dem Vertrag sehr zufrieden“, sagte ihr Landesvorsitzender Marcel Hafke in der Aussprache. Und der Kölner Kreisvorsitzende Reinhard Houben schwärmte gar: „Vielen Dank für diesen Koalitionsvertrag.“

Der trotz Grippe aus Berlin angereiste FDP-Chef Guido Westerwelle schloss sich dem raschen Tempo seiner Parteifreunde an und beendete seine Rede bereits nach einer Viertelstunde. Und da im Herbst höchstwahrscheinlich vorgezogene Bundestagswahlen stattfinden und bald schon wieder der Wahlkampf beginnt, verabschiedete er die Delegierten ironisch-fürsorglich in den heißen Frühsommertag: „Genießen Sie das Wochenende. Es ist Ihr letzter Urlaub in diesem Jahr.“