Kaffeehaus und Posaune

„Glanz“, der ganz von innen kommt: Die 2. Hamburger Jazztage auf Kampnagel bieten energetische Musik lokaler und internationaler Künstler

von Tobias Richtsteig

„Ein paar schöne, laue Sommernächte, dann sitzen wir draußen unter den Schirmen, hören erst gute Musik und dann plauschen wir bis in den Morgen.“ So könnten die 2. Hamburger Jazztage aussehen, wenn Mücke Quinckhardt vom Jazzbüro-Team Recht behält. Denn auf Kampnagel beginnt am Donnerstag die Festivalzeit. Noch vor dem Laokoon-Sommertheater kommt der Jazz nach Barmbek – und etabliert möglicherweise wieder ein nennenswertes Jazzfestival in der Hansestadt.

Denn Großereignisse wie das renommierte Jazzfestival in der Fabrik und das zuletzt Technics Jazzport genannte Musikzirkuszelt an den Deichtorhallen fanden in den letzten Jahren in Hamburg nicht mehr statt. Ihre international besetzten Programme waren schlicht unbezahlbar geworden. Als Festival im Norden mit überregionaler Strahlkraft behauptet sich allein JazzBaltica im ländlichen Salzau und lockt die Fans auch in diesem Jahr wieder mit internationalen Stars.

Die 2. Hamburger Jazztage backen kleinere Brötchen. Zwar mag das noch junge Festival – Premiere war vor einem Jahr im Altonaer Theater – auf international bekannte Zugpferde wie Phil Woods und Joachim Kühn nicht verzichten, doch sind diese nahtlos in ein Programm integriert, das vor allem guten Jazz präsentieren möchte, der von den MusikerInnen in Hamburg gemacht wird. Und so findet man auf den Plakaten Lokalmatadore wie die Kaffeehausavantgarde (die mit der Sängerin und Schauspielerin Pascal von Wroblewsky die Songs von Billie Holiday nach Europa transferieren), aber auch das brandneue Quartett Gelb Blau, (das sich noch ohne Demo-CD bewarb, aber live mit energiereichem Jazz ohne Klavier überzeugte).

Die Hamburger Jazztage vertrauen auf ein aufgeschlossenes Publikum, das nicht mit „mehr Glanz in der Kultur“ bedient werden möchte, sondern sich im Konzert spontan begeistern kann. Im Vorjahr lag man mit dieser Einschätzung offenbar richtig, sagt Stefan Gerdes, Jury- Mitglied der Jazztage: „Jetzt erwarten wir zwischen 400 und 800 Zuschauer, aber da das Publikum im letzten Jahr keinen Unterschied gemacht hat, ob da ein Richard Galliano auf der Bühne stand, oder eine Ulita Knaus mit Band gesungen hat, mach ich mir gar keine Sorgen.“

Mit den Hamburger Jazztagen schließt sich auch ein Kreis für Wolfgang Kunert, den scheidenden Leiter der Jazzredaktion des NDR. Bescheiden nimmt er für sich in Anspruch, das Projekt „mit angeschoben“ zu haben. Gemeinsam mit dem Jazzbüro und der Musikerinitiative Jazzhaus e. V. hat er die Hamburger Jazztage als das neue Jazzfestival für Hamburg konzipiert. Für Kunert ein Déjà-Vu, schließlich hat er mit Freunden Mitte der 70er Jahre schon das Jazzfestival in der Fabrik – und sich wieder davon getrennt, als die Sponsoren ein erfolgsorientiertes Programm einforderten und das NDR Fernsehen die Konzerte nicht mehr ausstrahlen wollte. Für die Hamburger Jazztage hat Kunert praktische Unterstützung seiner Redaktion bereitgestellt. Und so rührt NDR Info im allabendlichen Jazzprogramm seit Wochen die Werbetrommel, ein Ü-Wagen wird alles aufnehmen, und am Donnerstag schenkt die NDR Bigband dem Festival ein Konzert.

Nils Landgren schließlich passt optimal ins Konzept der Hamburger Jazztage. Der funkige Posaunist ist ein Publikumsmagnet – und präsentiert am Donnerstag sein neues Posaunenquartett Beastie Bones. Andererseits ist er ein „echter Hamburger“, der bald wieder in Diensten der NDR Bigband stehen wird. Auf Kampnagel ist am Donnerstag ab 19 Uhr eine Signierstunde angesetzt.

23.-25.Juni, ,20 Uhr, Kampnagel. www.hamburgerjazztage.de