Formschwache Fohlen-Elf: Die Vermausgrauung
Borussia Mönchengladbach verliert das zweite Spiele hintereinander, 0:1 beim FC Augsburg. Der Trend ist klar, wird aber kleingeredet.
Allein die Länge der Einlassungen von Daniel Farke erzählte einiges über den Redebedarf bei Borussia Mönchengladbach nach der zweiten Niederlage im zweiten Bundesligaspiel des Jahres. Für seine erste Einschätzung zum 0:1 beim FC Augsburg hatte Gladbachs Trainer dreieinhalb Minuten aufgewendet. Später kamen in der Gesamtbewertung der Hinrunde noch einmal drei wortreich befüllte Minuten hinzu, sodass die Pressesprecher beider Vereine währenddessen schon Zeichen austauschten.
Wegen der fortgeschrittenen Zeit wurde Farke umgehend von seiner Präsenzpflicht auf dem Podium entbunden, damit sich die Abreise nicht weiter verzögert. In seinen Ausführungen hatte Farke zwar darüber gesprochen, „enttäuscht und auch ein bisschen sauer“ zu sein. Man sei zuweilen „schlampig im Ballbesitz“ gewesen und habe deshalb „viel weniger Gefahr ausgestrahlt, als wir es hätten können“.
Dennoch kam Farke zu einem insgesamt milden Befund. Um diesen zu untermauern, erinnerte er an die wirtschaftlichen Zwänge und den jüngsten Abgang von Torwart Yann Sommer zum FC Bayern. Farke: „Wir sind nicht in der Situation, dass wir sagen: ‚Yo, mit Gladbach reiten wir mal eben in die Champions League.‘“
Vielmehr habe man sich im vergangenen Sommer eine stabile Saison und einen einstelligen Tabellenplatz vorgenommen. Nun sei die Borussia dort, „wo wir stehen wollen und was für uns realistisch ist“. Zudem sei man „nicht so weit entfernt davon, was wir als Topziel ausgegeben haben“, Platz sieben. Es war auch der Versuch, den Eindruck in Augsburg zu relativieren. In der ersten Halbzeit waren die Gladbacher passabel aufgetreten, über die Leistung in der zweiten Halbzeit ließ sich das nicht behaupten. Gladbach war unter Druck geraten und offensiv so gut wie gar nicht mehr in Erscheinung getreten.
Frage des Kipppunktes
Augsburg hatte sich gute Chancen erspielt und durch Mergim Berishas hübsches Volleytor mit dem rechten Außenrist (82.) einen verdienten Heimsieg erwirtschaftet, den zweiten der Saison nach einem 1:0 gegen den FC Bayern. Die Gladbacher dagegen warten in dieser Spielzeit noch auf ihren ersten Auswärtssieg. Auch übergeordnet ist bei ihnen ein Trend zur grauen Maus zu erkennen. Als solche titulieren lassen mussten sie sich sogar von ihrem früheren Spieler, dem Sky-Experten Lothar Matthäus.
Tatsächlich weist die Tabelle die Borussia zwar in der oberen Tabellenhälfte auf Rang neun aus. Die Abstiegszone ist aber nur sechs Punkte entfernt und damit näher als jene Plätze, die in der kommenden Saison zu Dienstreisen im Europapokal berechtigen. Zumindest gehofft hatten manche Anhänger und auch einige Menschen im Verein, dass sich ihr VfL nach dem zeitweiligen Abstiegskampf in der vergangenen Saison nach oben orientieren könne. Doch vorm Vergleich der Enttäuschten bei der TSG Hoffenheim am Samstag geht es eher in die andere Richtung. Man stecke zwar nicht im Abstiegskampf, sagte Julian Weigl, müsse aber schnell wieder in die Spur kommen.
„Egal, wie man es benennt: Für uns ist es wichtig, dass wir wieder Punkte holen“, befand der Mittelfeldspieler wegen des Abwärtstrends. Farke wurde in dem Zusammenhang in Augsburg vorgerechnet, dass seine Mannschaft zwölf Punkte aus den ersten sieben Spielen der Saison angehäuft hatte, danach aber nur noch zehn Zähler aus zehn Partien zusammenkamen. Er könne keinen „Knackpunkt“ erkennen, auf den dieser schleichende Abwärtstrend zurückzuführen sei, sagte Farke. Ohnehin wehrt sich der 46-Jährige dagegen, die Lage zu dramatisieren.
Eine Saison verlaufe immer in „Wellenbewegungen“, befand er und erinnerte an das 4:2 gegen Dortmund vor der WM-Pause. „Jetzt hat sich das Momentum innerhalb von vier Tagen und zwei Spielen ein bisschen gedreht“, sagte Farke, gab aber zu: „Die Stimmungslage ist gerade eher genervt.“ Vor der Niederlage in Augsburg hatten die Gladbacher 2:3 gegen Leverkusen verloren. Nun geht es darum, dass sich der Trend nicht verfestigt. Farke: „Nach dem Spiel können wir hoffentlich darüber sprechen, ob das ein Kipppunkt war ins Positive.“
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